Wann wird ein Herrscher von den Zeitgenossen oder der Nachwelt als Versager bewertet? Etwa, weil er gestürzt wurde, oder hat er zum Beispiel gegen religiöse Normen verstoßen? Oder liegt sein (vermeintliches) Versagen in seiner Persönlichkeit bzw. seiner Lebensführung begründet? Eine Arbeitsgruppe an der Universität Mainz legt mit diesem Tagungsband ihre Ergebnisse zu diesen Fragen vor. Untersucht werden der alte Orient, das alte Israel, die griechisch-römische Antike sowie das Mittelalter.
Beiträge finden sich etwa zum assyrischen König Sanherib, dem judäischen Herrscher Manasse, dem römischen Kaiser Nero oder dem mittelalterlichen englischen König Æthelred, „dem Unvorbereiteten“. Während Andreas Fuchs herausstellt, dass König Sanherib tatsächlich durch manche Fehlentscheidungen das Assyrische Reich schädigte, kann Erasmus Gaß zeigen, dass Manasse zwar in der Bibel als Versager gilt – ihm wird der staatliche Untergang Judas angelastet, ein Urteil, das die Nachwelt übernahm –, doch tatsächlich hatte Manasse eine kluge, konsolidierende Politik betrieben. So regt der Band dazu an, bisher oft unhinterfragte Wertungen der Forschung auf den Prüfstand zu stellen.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Heike Grieser u. a. (Hrsg.)
Der Herrscher als Versager?!
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht/Mainz University Press, Göttingen 2019, 320 Seiten, € 45,–