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Großessay: 100 Jahre deutsche Geschichte

Horst Möller

Großessay: 100 Jahre deutsche Geschichte

dam0923bue02.jpgHorst Möller, langjähriger Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, legt mit seinem neusten Buch eine flüssig geschriebene Darstellung deutscher Geschichte der letzten 100 Jahre vor, die nicht beansprucht, eine große These zu formulieren. Das Werk beginnt vielmehr mit einigen essayistischen Überlegungen über den Einfluss der Aufklärung, die Rolle des Individuums in der Geschichte sowie die Widersprüche und Potentiale der Zeit um die vorletzte Jahrhundertwende. Auf diese Punkte kommt Möller auch im Lauf seiner größtenteils konventionell angelegten Darstellung immer wieder zurück.

In einer Mischung aus Chronologie und Systematik referiert er Grundprobleme der deutschen Geschichte. Es geht etwa um die Verantwortung für den Ersten Weltkrieg, die Frage nach den Ursachen für das Scheitern der Weimarer Republik, die Ermordung der europäischen Juden, den diesbezüglichen Kenntnisstand der deutschen Bevölkerung und Adenauers Westbindungspolitik. Das alles ist wenig überraschend und für eine derartige Darstellung Standard. Wer die Forschungsliteratur und zudem Möllers eigene Schwerpunkte und Positionen kennt, dem wird ebenfalls vieles bekannt vorkommen. Aber das Buch richtet sich nicht an die Fachwelt, sondern an eine breite Öffentlichkeit.

Im Fokus stehen hier Ereigniskomplexe der politischen Strukturgeschichte, während die Entwicklung von Wirtschaft, Klassen, Medien, Geschlecht oder Gesellschaft eher am Rand erwähnt wird. Möller setzt zudem klare Schwerpunkte, erzählt nicht alles, sondern wählt aus und fokussiert ihm relevant erscheinende Phänomene in vielen kleinen, pointierten Essays, die sich auch einzeln lesen lassen und die vor allem für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts immer wieder eine hohe analytische Klarheit erreichen.

Allerdings erscheint die Darstellung etwa ab den 1970er Jahren und mit fortschreitender Nähe zur Gegenwart immer weniger problem- oder forschungsgeleitet, als sie die Leserinnen und Leser vielmehr über Möllers politische Bewertung einzelner Personen oder Entscheidungen informiert. Die analytische Klarheit tritt zurück, und das letzte Kapitel, das die Zeit seit dem Antritt der rot-grünen Koalition 1998 bis zur Gegenwart abdeckt, wirkt schwerpunktlos und ohne roten Faden. Sicher, die gegenwartsnahe Zeitgeschichte leidet unter der Distanzlosigkeit, deren Risiken für die Wissenschaft Möller auch klar benennt; dass diesen durch ihre Nennung freilich schon Rechnung getragen wurde, wird man nicht behaupten können.

Insgesamt ist die thesenfreudige Darstellung als Einführung in zentrale Probleme der Zeitgeschichte geeignet, leicht lesbar und trotz der angesprochenen Probleme informativ. Wer sich allerdings umfassendere und deutlich stärker mit der aktuellen Forschung verzahnte Darstellungen wünscht, der ist mit den großen Werken von Ulrich Herbert (2014), Petra Weber (2020) oder für die jüngste Zeitgeschichte Andreas Wirsching (2012) oder Andreas Rödder (2015) bereits versorgt.

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Rezension: Dr. Sebastian Rojek

Horst Möller
Deutsche Geschichte – die letzten hundert Jahre
Von Krieg und Diktatur zu Frieden und Demokratie
Piper Verlag, München 2022, 649 Seiten, € 32,–

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