In den Niederlanden des 17. Jahrhunderts trug sich eine wunderliche Geschichte zu. Tulpenzwiebeln wurden für Tausende Gulden verkauft: Ein Betrag, für den man heute wohl ein Haus im beliebtesten Viertel Amsterdams erwerben könnte. Die Tulpe war zu dieser Zeit sehr begehrt und es kam zur sogenannten Tulpomanie. Mit dem Verkauf der Tulpen wurde nicht bis zum Ausheben der Zwiebeln oder dem Erblühen der Blumen gewartet, sondern es wurden ganzjährig „Schuldscheine“ verkauft. Man wusste also nie, was man für sein Geld bekam. Die Menschen wurden vom Fieber der Spekulation gepackt, jeder kaufte und wollte mitraten. Am „Schwarzen Freitag“ brach dann der holländische Tulpenhandel zusammen. Es gab nur noch Verkäufer, keine Käufer mehr, und nur minderwertige Tulpenzwiebeln waren auf dem Markt.
Diese und noch viele Geschichten mehr beschreibt der Althistoriker und Gartenliebhaber Stefan Rebenich in seinem Buch „Der kultivierte Gärtner. Die Welt, die Kunst und die Geschichte im Garten“. Er begibt sich auf eine Reise durch die Gärten der Geschichte: vom Garten des Alkinoos, den Homer in seiner Odyssee beschreibt, über Gärten römischer Landvillen, die zur Selbstdarstellung des Eigentümers und Demonstration von Luxus dienten. Der Leser besucht gemeinsam mit dem Autor Gärten auf der ganzen Welt und geht ihnen in Kunst und Literatur nach. Im letzten Kapitel beschäftigt sich Rebenich mit den sozialen, ökologischen und kulturellen Aspekten des Gartens und geht der Frage nach, warum er für uns heute noch immer von Wichtigkeit ist.
Die Liebe des Autors zum Garten und seiner Wissbegierde, was dessen Geschichte angeht, ist dem Buch anzusehen. Er selbst fand diese wohl bei seinem Studienaufenthalt in England. Der im Titel genannte kultivierte Gärtner sei jemand, der dem Garten „in der Welt, in der Kunst und in der Geschichte nachspürt.“ Mit Leidenschaft beschreibt Rebenich den Garten im Lauf des Jahres und porträtiert berühmte Pflanzen.
Liest sich der erste Teil des Buches eher wie ein Ratgeber für die Gestaltung des eigenen Gartens, so erfährt der Leser im späteren Verlauf mehr über die Geschichte einzelner Pflanzen und den Garten als kulturellem Raum. So kann er Schlüsse für die eigene Anlage ziehen und Hintergrundwissen erwerben.
In den Beschreibungen kann man sich geradezu verlieren, fühlt sich, als stünde man zum Beispiel im Garten der Villa Napoleons. Historische Fakten treffen in diesem Buch auf aktuelle Themen und die Liebe zu Pflanzen. Beim Leser lösen die kurzen, gut lesbaren Kapitel die Lust auf mehr aus. Sie sind als kleine Häppchen genießbar, fügen sich jedoch im Ganzen zu einem großen Bild zusammen.
Rezension: Louisa Schulz
Stefan Rebenich
Der kultivierte Gärtner
Die Welt, die Kunst und die Geschichte im Garten
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2022, 208 Seiten, € 26,-