Die Geschichte des Bodenseeraums ist gut erforscht; allerdings galt dies bisher nicht für die karolingische Zeit. Eine Tagung beleuchtete daher die ländliche Gesellschaft, die Siedlungsgeschichte sowie Klöster, Klerus und Adel in dieser Region im 8. und 9. Jahrhundert.
Über den Raum zwischen Donau, Bodensee und Iller, der erst im 13. Jahrhundert als historische Einheit „Oberschwaben“ konstituiert wird, kann man durch die außergewöhnlich reiche Urkundenüberlieferung des Klosters St. Gallen etwas erfahren. Das Gros der Bevölkerung, die Bauern, wird dennoch kaum greifbar, wie Clemens Regenbogen darlegt. Er findet aber Nachweise für die auch andernorts geltende klassische Grundherrschaft, die mehrere soziale Gruppen erkennen lässt: Die hörigen Bauern bewirtschafteten mit ihren Familien eigenes Land (Hufen), während die mancipia auf den grundherrlichen Betrieben arbeiteten und sozial einen niedrigeren Status als die Hörigen besaßen. Wie Urkunden ausweisen, konnten Hörige von ihren Herren aus dem Abhängigkeitsverhältnis „befreit“ werden und vermochten sich danach frei zu bewegen.
Über Klöster, Klerus und Adel geben die Urkunden mehr Auskunft. Dass die Grundlagen für die vielfältige Klosterlandschaft im Bodenseeraum in der Karolingerzeit gelegt wurden, führt Thomas Zotz aus. Er beschreibt zudem die starke Vernetzung der Klöster untereinander.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Edwin Ernst Weber/Thomas Zotz (Hrsg.)
Herrschaft, Kirche und Bauern im nördlichen Bodenseeraum in karolingischer Zeit
W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2020, 207 Seiten, € 29,–