Für die einen der Vorschein einer künftigen kommunistischen Herrschaft, für die anderen ein republikanisches Fanal: Am 18. März 1871 begann in Paris das Experiment der Pariser Kommune. Für 72 Tage übernahm ein revolutionärer Stadtrat die Macht. Das Experiment endete in einem Blutbad.
Die New Yorker Literaturwissenschaftlerin Kristin Ross beschreibt in ihrem Essay die Gedankenwelt der Kommunarden und welche ihrer Ziele auch heute noch von Bedeutung sind. Der ungewöhnliche Titel „Luxus für alle“ stammt aus einem Künstlermanifest von 1871, das die Trennung von Kunst und Handwerk aufheben möchte und optimale Entfaltungsmöglichkeiten für alle fordert. Ross beschreibt die zentralen Denkmuster der Kommune: ein Leben in Freiheit und Gemeinschaft, in Gleichheit und ohne Ausbeutung. Sie untersucht die Nachwirkungen dieses Denkens unter anderem im Anarchismus, dem sich auch die bekannteste Kommunardin, Louise Michel, später zuwandte. Ross schreibt keine Ereignisgeschichte, einschlägige Kenntnisse werden vorausgesetzt. Eine deutsche Darstellung der Pariser Kommune auf dem neuesten Stand der Forschung lässt leider noch auf sich warten.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Kristin Ross
Luxus für alle
Die politische Gedankenwelt der Pariser Kommune
Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2021, 204 Seiten, € 20,–