Am Morgen des 11. September 1973 erfuhr Salvador Allende, dass sich das chilenische Militär unter Führung von General Augusto Pinochet gegen ihn erhoben hatte. Gegen elf Uhr wandte sich der demokratisch gewählte Präsident mit einer letzten Rede an die Bevölkerung des Landes. „Sie können uns zertreten, aber der soziale Fortschritt ist nicht aufhaltbar, weder durch Gewalt noch durch Macht“, so die Worte des sozialistischen Staatschefs, die über Radio ausgestrahlt wurden. Als die Putschisten nach stundenlangem Bombardement den Präsidentenpalast stürmten, beging der Politiker Suizid.
Die Ereignisse liegen inzwischen 50 Jahre zurück. Der Journalist Günther Wessel hat aus diesem Anlass eine Biographie vorgelegt, in der er die Lebensgeschichte Allendes gelungen mit der Geschichte Chiles verknüpft. Er skizziert die lange Entwicklung des Landes bis zur Unabhängigkeit, den politisch-kulturellen Aufbruch der 1960er Jahre, Allendes knappen Wahlsieg 1970, die Spaltung der chilenischen Gesellschaft und die Einflussnahme durch die USA. Minutiös arbeitet er den Militärputsch gegen den Staatschef auf, die folgende Diktatur unter Pinochet, Folter und Mord und die mühsame Rückkehr zur Demokratie. Wessels fesselnde Geschichte endet in der Gegenwart, in der erneut ein Linksbündnis regiert. Ob sich dies in dem tief gespaltenen Land als neuer Aufbruch verstehen lässt, bleibt dem Autor zufolge jedoch fraglich.
Rezension: Dr. Anna Joisten
Günther Wessel
Salvador Allende
Eine chilenische Geschichte
Ch. Links Verlag, Berlin 2023, 256 Seiten, € 25,–