Es sind zunächst die großen Namen, die dem Leser dieses Prachtbandes ins Auge springen: Francesco Petrarca und Giovanni Boccaccio, Leonardo da Vinci und Niccolò Machiavelli. Auf den zweiten Blick erst wird die wahre Fülle des von Tobias Roth zusammengetragenen Schatzes erkennbar: Mit Texten von 67 Autoren und Autorinnen führt er uns mitten hinein in die Literatur der italienischen Renaissance. Eröffnet wird ein „vielstimmiges Gespräch“, das die Neugier und Experimentierlust, die Produktivität und Dynamik zeigt, die diese Epoche der Rückbesinnung auf die Antike kennzeichnete.
Neben feinen Gedichten von Petrarca oder Vittoria Colonna, einer gelehrten Abhandlung zur italienischen Sprache von Lorenzo Valla oder einer aufrüttelnden Predigt von Savonarola finden sich etwa Auszüge aus dem Tagebuch, das der Florentiner Spezereihändler Luca Landucci von 1450 bis 1516 führte. Er schreibt von Naturkatastrophen und Baumaßnahmen oder davon, wie „ein paar Kinder“ den Leichnam eines der hingerichteten Verschwörer gegen die Medici wieder ausgegraben und an einem Strick durch die Stadt geschleift hätten. In anderen Texten lesen wir, wie man Bärenfleisch zubereitet (mit Nelken, Zimt und Fenchel), den Karneval in Rom feiert (exzessiv) oder dass sich Frauen manchmal in Männer verwandeln können.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Tobias Roth
Welt der Renaissance
Verlag Galiani Berlin, Berlin 2020, 639 Seiten, € 89,–