Er war ein Meister der Gehirnwäsche: Reichsjugendführer Baldur von Schirach. Durch ihn wurde die Hitler-Jugend zur Massenorganisation, er war es, der in immer neuen Reden und Liedern den Jungen und Mädchen Opferbereitschaft für den großen „Führer“ Adolf Hitler, für Volk und Vaterland einimpfte und die unbedingte Gefolgschaft der Jugendorganisationen medial geschickt inszenierte.
Schirach stammte aus einer reichen und gebildeten adlig-bürgerlichen Familie; seine Mutter war Amerikanerin. Der renommierte Wiener Historiker Oliver Rathkolb hat eine lesenswerte und üppig bebilderte Biographie Schirachs verfasst, in der er dessen steile Karriere ebenso schildert wie seine Verurteilung bei den Nürnberger Prozessen und sein klägliches Ende. Es ist nicht nur beklemmend zu lesen, wie Schirach sein demagogisches Werk verrichtete, sondern auch, wie er als Gauleiter und Reichsstatthalter von Wien Kunst und Kultur förderte – so war er der Initiator die Neujahrskonzerte der Wiener Philharmoniker –, und gleichzeitig Zehntausende Juden in den Tod schickte.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Oliver Rathkolb
Schirach
Eine Generation zwischen Goethe und Hitler
Molden Verlag, Wien/Graz 2020, 352 Seiten, € 32,–