Den Zeitgeist des Apollo-Projekts atmet das Buch von James Donovan von der ersten bis zur letzten Seite auf eine Weise, dass es nicht nur die Zeitzeugen von einst, sondern auch jüngere Leser kaum aus der Hand legen dürften. Der letztlich erfolgreiche Mondflug wäre kaum denkbar gewesen ohne die Rivalität der Supermächte USA und Sowjetunion im Kalten Krieg. Der Doppelschock, den die Sowjets – „dieses steppenbewohnende, wodkasaufende Reitervolk der Kosaken“, wie Donovan die Überheblichkeit seiner nach dem Zweiten Weltkrieg und der Prosperität der Eisenhower-Jahre noch siegestrunkenen Landsleute umschreibt – den Amerikanern mit Sputnik (1957) und Juri Gagarin (1961) verpassten, setzte ungeheure Energien und Ressourcen frei.
Dass Präsident John F. Kennedys Weisung, noch vor Ende der 1960er Jahre einen Menschen auf den Mond und sicher zurückzubringen, nach dem Tag des tödlichen Attentats von Dallas im November 1963 zum Vermächtnis eines nationalen Märtyrers wurde, tat ein Übriges.
Donovans „Apollo 11“ setzt völlig zu Recht nicht mit den ersten US-Astronauten ein, den schnell zu Medienstars mutierten „Mercury Seven“, sondern vor dem und im Zweiten Weltkrieg: in Berlin, in Peenemünde, in Mittelbau Dora. Wernher von Braun, die vielleicht wichtigste Kriegsbeute des US-Militärs 1945, ist eine zentrale Figur in der Saga der amerikanischen Raumfahrt, die Saturn V war sein Kind.
Donovan lässt alle „Helden“ in ihrer Vielschichtigkeit Revue passieren: die Astronauten, denen persönliche Reibereien und Streit mit der NASA nicht fremd waren, ihre Frauen, die vor laufenden Kameras Stolz und Stärke demonstrieren mussten und im Inneren oft um ihre Männer zitterten, dazu die vielen weniger prominenten Akteure auf dem Boden und in der Industrie.
Und Donovan ruft jenen kurzen Moment in Erinnerung, als alle Feindseligkeiten, alle Probleme, die die Bewohner dieses kleinen Planeten meist selbst verursachen, vergessen schienen, als in Moskau zehn Kosmonauten die Vorgänge vor Fernseher und Radio „mit einem Gefühl, in das sich Neid und Bewunderung mischten“, verfolgten. „Als Armstrong die Mondoberfläche betrat, applaudierten sie. Ein paar Tage später stießen sie auf die wohlbehaltene Rückkehr der Apollo-11-Crew an.“ Die Plakette an den Beinen der Mondlandefähre drückt dies aus: „We came in peace for all mankind.“
Rezension: Ronald D. Gerste
James Donovan
Apollo 11
Der Wettlauf zum Mond und der Erfolg einer fast unmöglichen Mission
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2019, 544 Seiten, € 28,–