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Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution – Wie eine Gruppe junger Leipziger die Rebellion in der DDR wagte

Wensierski, Peter

Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution – Wie eine Gruppe junger Leipziger die Rebellion in der DDR wagte

Über die Revolution von 1989 ist viel geschrieben worden. Auch die zentrale Bedeutung von Leipzig ist dabei vielfach gewürdigt worden, wozu die Stadt selbst intensiv beiträgt. In der öffentlichen Wahrnehmung sind allerdings kaum Namen, kaum Gesichter bekannt. Lediglich Dirigent Kurt Masur und Pfarrer Christian Führer gelten gemeinhin als die „Helden von Leipzig“. Dabei lebte Masur jahrzehntelang angepasst, Führer agierte nicht immer glücklich im Spannungsfeld von evangelischer Kirchenleitung, Gemeinden und oppositionellen Gruppen – im Zweifelsfall nahm er gegen die Opposition Stellung.

In dem vorliegenden Buch des Journalisten Peter Wensierski stehen nun jene jungen Männer und Frauen im Mittelpunkt, die ganz wesentlich die oppositionellen Proteste in Leipzig entfachten. Sie waren 1989 zwischen 19 und 29 Jahren alt, und sie verband eine ähnliche Lebensauffassung; sie sehnten sich nach Freiheit und wehrten sich gegen Bevormundung, Umweltverschmutzung, Militarisierung und Städtezerfall. Diese Mischung aus politischer und kultureller Unzufriedenheit, gepaart mit dem Willen, die engen Grenzen des Systems zu testen und vielleicht sogar zu sprengen, ließ sie zu politischen Akteuren werden.

Der Autor zeichnet dies detailliert nach. Faszinierend ist vor allem, wie es Wensierski gelingt, die damalige Lebenseinstellung, das Alltagsleben der jungen Leute plastisch darzustellen. Gerade die Widersprüche zwischen offiziellen SED-Verlautbarungen und den realen Alltagserfahrungen bildeten oft genug den Antrieb, sich zu wehren. Diese kritischen Bürger hatten Glück – sie hatten Erfolg. Vielen anderen vor ihnen erging es anders.

Das Buch erklärt leider nicht, warum dies so war, denn Wensierski stellt keine größeren Zusammenhänge dar. Leipzig und die kleine Gruppe von Aktivisten scheinen wie aus der Zeit gefallen, nur am Rand erahnt der Leser, dass sich die Vorgänge in Leipzig in einem größeren Kontext abspielten. So sympathisch die Männer und Frauen einem beim Lesen auch erscheinen – letztlich zeichnet der Autor kräftig an dem Bild mit, die Revolution von 1989 wäre allein in Leipzig geschehen. Damit verzeichnet er nicht nur die Geschehnisse. Auch der von ihm so einfühlsam beschriebenen Leipziger Gruppe wird er damit historisch nicht gerecht. Denn ihre Bedeutung lag gerade nicht in ihrer Außergewöhnlichkeit, sondern in ihrer außergewöhnlichen DDR-Gewöhnlichkeit.

Das Buch ist vor allem für junge Leser geeignet, die sich einen ersten spannenden Einblick in die Geschehnisse von 1989 verschaffen wollen. Auch der Schreibstil, den der Autor übrigens selbst „dokumentarische Fiktionalisierung“ nennt, entspricht einem Sachbuch für Jugendliche. Die Protagonisten erscheinen unerklärlicherweise nur mit ihren Vornamen. Aber in einem interessanten Anhang ist zu erfahren, wie deren weiterer Lebensweg verlief. Hervorzuheben sind schließlich die Fotos, die eindrucksvoll veranschaulichen, was der ironische DDR-kritische Spruch meinte: „40 Jahre DDR – Ruinen schaffen ohne Waffen“.

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Rezension: Ilko-Sascha Kowalczuk

Wensierski, Peter
Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution – Wie eine Gruppe junger Leipziger die Rebellion in der DDR wagte
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2017, 463 Seiten, Buchpreis € 19,99
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