Den Leipziger Prozessen 1921/22 und damit der Frage, wie deutsche Kriegsverbrechen nach dem Ersten Weltkrieg geahndet wurden, geht der bei der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur tätige Jurist Gerd Hankel in einer beeindruckenden Untersuchung nach. Er kann sich dabei auf neu zugängliches Archivmaterial aus der ehemaligen DDR stützen und fördert zutage, wie sehr die Richter sich von ihrer Überzeugung leiten ließen, ein deutscher Offizier könne keine Kriegsverbrechen begehen. So wurden von 45 Verfahren, die auf Druck der Alliierten anhängig waren, 35 von vornherein eingestellt, sechs Angeklagte freigesprochen und nur vier – zu jeweils einigen Jahren Gefängnis – verurteilt. Diese Erfahrung mit der deutschen Justiz führte nach 1945 zu den Nürnberger Prozessen mit der Entscheidung, die Rechtsprechung allein den Alliierten anzuvertrauen.
Rezension: Talkenberger, Heike