Das Buch „Frauen in der Antike“ der amerikanischen Kunst- und Althistorikerin Jenifer Neils besticht durch seine zahlreichen Abbildungen von antiken Kunstschätzen und Gebrauchsgegenständen. Die meisten der gezeigten Objekte befinden sich im British Museum in London. Im vorliegenden Buch kann man sie gründlich und in Ruhe betrachten, diese eindrucksvollen Darstellungen von Frauen bzw. von Gegenständen, die von Frauen benutzt wurden, etwa Musikinstrumente oder Cremetöpfe.
Die Darstellungen und Objekte stammen aus unterschiedlichen Jahrhunderten und aus ganz verschiedenen Lebens- und Fundzusammenhängen: aus Ägypten zur Zeit der Pharaonen, aus der römischen Kaiserzeit und aus dem Hethiterreich. Erklärtes Ziel des Buchs ist es, aufzuzeigen, „wie bildliche Darstellungen von Frauen zu unserem Verständnis ihrer Leben und Rollen in der antiken Gesellschaft beitragen“. Darüber jedoch, wie schwierig die Deutung und Einordnung der Bildquellen oft ist, kann man in dem Buch nur wenig lesen. Spannend wird es, wenn über Bilder auf Vasen aus Athen nachgedacht wird, die Frauen am Brunnenhaus zeigen, denn es steht die Frage im Raum, wie sehr unsere Vorurteile die Interpretation bestimmen. Über weite Strecken werden dann jedoch in schlichten Worten undifferenzierte Gemeinplätze formuliert: Etwa, dass die „Sexgöttin“ der älteste und am häufigsten dargestellte Frauentyp seit dem Paläolithikum sei und dass dieser sich in allen antiken Kulturen finde.
Das sehr heterogene Bildmaterial wird in sieben Kapiteln vorgestellt, welche sich auf zentrale Bereiche des Daseins von antiken Frauen beziehen: Mutterschaft, Trauer, Arbeit, Schönheitspflege und Religion; gerahmt werden diese Themen durch Ausführungen über stereotype Frauenbilder und Frauen in Herrscherhäusern.
Zu kritisieren ist die ästhetisch zwar reizvolle, aber inhaltlich oftmals irritierende Kombination aus Bild und Text: Auf einer Doppelseite sehen wir zum Beispiel ein Relief aus dem Palast des Assurbanipal aus Nimrud und eine rund 700 Jahre ältere Büste einer Pharaonengattin aus Ägypten, im Text aber, der sich graphisch ansprechend an die Bilder schmiegt, geht es um die Schwester eines spartanischen Königs aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. und um reiche Wohltäterinnen im römischen Reich 500 Jahre später. Ob alle Leser diesen Kultur- und Zeitsprüngen folgen können und wollen, ist fraglich.
Am Ende entsteht der Eindruck, dass das Leben von Frauen eben zu allen Zeiten der Antike gleich war: Dies suggeriert auch bereits der deutsche Titel, der den in der jüngeren Forschung zu Recht oftmals problematisierten Kollektivsingular „die Frau“ verwendet. Die deutsche Übersetzung aus dem Englischen liest sich holprig, Fehler bei der Übertragung der Termini aus den antiken Sprachen lassen vermuten, dass sich auch die Übersetzerin mit dem Verständnis schwergetan hat. Fazit: Ein Buch für den coffee-table – zum Schauen und Blättern.
Rezension: Prof. Dr. Elke Hartmann