Unbestritten ist heute, dass der Zweite Weltkrieg von den Nationalsozialisten als Ernährungskrieg geführt wurde. Um die heimische Lebensmittelversorgung zu gewährleisten, wurden nicht nur besetzte Länder in Ost und West gnadenlos ausgeplündert; auch der Massenmord an der jüdischen Bevölkerung stand in diesem Kontext.
Daniela Rüther hat in ihrem sorgfältig recherchierten und gut geschriebenen Buch einen anderen Aspekt untersucht: die Ernährung der Soldaten an der Front. 1939 wurde dafür die „Gesellschaft für Nährwerterhaltung“ gegründet – ein Projekt des Oberkommandos des Heeres (OKH) –, die sich mit dem Ausbau einer Industrie für getrocknete Lebensmittel befassen sollte. Getrocknete Produkte behielten ihren Nährwert, waren aber besser zu transportieren. Mitglieder dieser Gesellschaft waren große Unternehmen wie Dr. Oetker, Wilhelm Schmitz-Scholl/Tengelmann und Knorr.
Die Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft war erfolgreich und sehr einträglich für die beteiligten Firmen. Ob pflanzliche Bratlinge, Landjäger oder getrocknetes Gemüse – man konnte bald auf eine stattliche Produktreihe blicken. Wie sich im Lauf des Krieges jedoch die Konflikte zwischen den Beteiligten häuften und wie gleichzeitig die SS versuchte mitzumischen, das wächst sich zu einem wahren „Wirtschaftskrimi“ aus.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Daniela Rüther
Der „Fall Nährwert“
Ein Wirtschaftskrimi aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges
Wallstein Verlag, Göttingen 2020, 228 Seiten, € 24,90