Zilli (Cäcilie) Reichmann wurde 1924 geboren. Als Angehörige der Sinti wurde sie nach Auschwitz deportiert und überlebte, während ihre Familie, darunter ihre kleine Tochter Gretel, umgebracht wurde. Der Osteuropa-Historiker Heiko Haumann hat mit der 90-Jährigen viele Gespräche geführt. In seinem sehr lesenswerten Buch verwebt er die Biographie Zilli Reichmanns mit der Kultur und dem Alltag der Sinti im 20. Jahrhundert.
Vorurteile gegenüber den „Zigeunern“ und ihre Kriminalisierung gab es schon lange vor der NS-Zeit. Im Dunstkreis völkischer Rassetheorien spitzte sich die soziale Ausgrenzung und Repression jedoch zu einem menschenverachtenden Ausmerzungsprogramm zu, das in letzter Konsequenz die Schaustellerfamilie Reichmann ins KZ brachte. Die Erlebnisse Zillis in Auschwitz bilden den eindrucksvollen Kern des Buchs. Gewalterfahrungen, Hunger, Angst und Not, die bittere Trauer um die Toten, aber auch seltene Momente der Hilfe, all das begleitet Zilli Reichmann, die lange um ihre Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus kämpfen musste, noch heute.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger