Aus den zahlreichen Neuerscheinungen zu 1945 sticht das Buch des englischen Historikers Keith Lowe heraus. Während viele Darstellungen das Chaos, das das Kriegsende allerorten begleitete, zwar erwähnen, aber dann bald zum Aufbau neuer politisch-administrativer Strukturen überleiten, lenkt Lowe seinen Blick auf ein Europa, das in Zerstörung, Gesetzlosigkeit und Gewalt versank. Denn dies darf man nicht vergessen: Während in Deutschland seit dem 8. Mai 1945 die Waffen schwiegen, tobten in Ländern wie Rumänien oder Griechenland Bürgerkriege, wälzten sich noch lange Ströme von Flüchtlingen und Verschleppten, dazu die Opfer ethnischer Säuberungen, durch Europa.
Allein schon, wie Lowe die ungeheure Zahl der Kriegstoten und ermordeten Juden nicht nur benennt, sondern zugleich bewusst macht, wo diese Menschen schmerzlich fehlen, ist ausgesprochen eindrucksvoll. Die klare, plastische Darstellung der Verhältnisse wird durch statistisches Material ebenso bereichert wie durch eindrückliche Zeitzeugen-Zitate. Völlig zu Recht ist das Werk in England preisgekrönt.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger