Schon seit dem 17. Jahrhundert wurde der Wal gejagt, vor allem von Seefahrern aus England und den Niederlanden. Den Tran des großen Meeressäugers verwendete man bis ins 20. Jahrhundert als Lampenöl, dazu wurde Tran auch für die Herstellung zahlreicher Produkte gebraucht. Entsprechend lukrativ war das Geschäft des Tötens.
Doch nicht nur wirtschaftliche Aspekte können an diesem Thema interessant sein: Felix Lüttge hat in seiner preisgekrönten Arbeit eine Medien- und Wissensgeschichte über den Wal geschrieben. Er befasst sich mit den Austauschprozessen zwischen den Walfängern, die im 19. Jahrhundert auf der Suche nach dem begehrten Tier die Weltmeere durchkreuzten, den Kartographen, die den Spuren der Seefahrer folgten und so ihre Kartenbilder präzisierten, sowie schließlich den Naturhistorikern und Zoologen, die die Tatsache faszinierte, dass ein Säugetier im Meer lebt, und die sich die neuen Erkenntnisse im Kielwasser der Walfänger aneigneten. Der Wal wurde gar zum Begründer einer neuen Wissenschaft: der Ozeonographie. Es ist spannend, macht aber auch nachdenklich, den Walfängern wie den Wissenschaftlern zu folgen, ihren Abenteuern, Irrtümern und ihrem „Tötungswissen“, wie Lüttge es nennt. Kritik verdient die Buchgestaltung: Manche Abbildungen, vor allem die Karten, sind viel zu klein geraten, als dass sie für den Leser von Nutzen sein könnten.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Felix Lüttge
Auf den Spuren des Wals
Geographien des Lebens im 19. Jahrhundert
Wallstein Verlag, Göttingen 2020, 278 Seiten, € 28,–