Der barocke Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716) erscheint uns heute fern, ist er doch Vertreter einer Zeit – der Frühaufklärung –, in der man meinte, durch Rationalität, Wissenschaft und Technik eine positive Zukunft der Welt gestalten zu können. Dieser Fortschrittsglaube ist heute angesichts von Klimawandel und anderen weltweiten Bedrohungen vielfach gebrochen.
Dennoch gelingt es Michael Kempe, dem Leiter der Leibniz-Forschungsstelle bei der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, uns in seiner ansprechenden Biographie den Philosophen, Mathematiker, Juristen und Historiker näher zu bringen, ihn zu zeigen zwischen Einsamkeit und Geselligkeit, zwischen Gelehrtenstube und Fürstenhof. Der Kunstgriff: Kempe schildert sechs entscheidende Tage im Leben von Leibniz zwischen 1675 und 1714, wobei die Schauplätze zwischen Paris, Berlin, Zellerfeld im Harz, Wien und Hannover wechseln. In Paris etwa befasste Leibniz sich mit Integralrechnung, am Hannoveraner Hof tauschte er sich mit Kurfürstin Sophie aus.
Leibniz glaubte an die Veränderungspotentiale der Welt. Und so lesen wir von den vielfältigen Projekten, die den Unermüdlichen bewegten – eine Rechenmaschine, eine Rechtsreform, der Bergbau –, und von dem Versuch, die Theologie mit der Aufklärung zu versöhnen. Vielleicht können wir uns ja am Ende vom Optimismus eines Leibniz ein wenig anstecken lassen.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Michael Kempe
Die beste aller möglichen Welten
Gottfried Wilhelm Leibniz in seiner Zeit
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2022, 352 Seiten, € 24,–