Die niederländische Journalistin Suzanna Jansen hat sich auf die Spuren ihrer Familie begeben, was für sie nicht ohne schmerzliche Entdeckungen blieb. Mehrere ihrer Vorfahren lebten nämlich in der Bettlerkolonie Veenhuizen nahe der Stadt Drenthe im Norden Hollands. Gegründet hatte die Kolonie 1818 Johannes van den Bosch, Generalgouverneur von Niederländisch-Ostindien. Sein Ziel war es, das damals strafbare Bettler- und Vagabundenwesen auszurotten. Arme, Waisen und Obdachlose sollten durch harte Arbeit auf dem Land Zucht und Ordnung lernen und so zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft werden. In der stetig wachsenden Kolonie lebten um 1840 etwa 9000 Personen.
Jansen rekonstruiert den sozialen Absturz ihrer Familie und schildert bewegend den harten Überlebenskampf ihrer Vorfahren in und außerhalb der Kolonie. Erst ihre Mutter hatte sich durch eine gute Ausbildung aus der Armutsspirale befreien können. Jansens Verdienst ist es, die Bettlerkolonie Veenhuizen ins öffentliche Bewusstsein gerückt zu haben, doch fehlt eine historische Einordnung. Die Ideen van den Boschs waren keineswegs so revolutionär, wie Jansen glaubt, sondern es gab in Europa und den USA zahlreiche ähnliche Ansätze zur Armutsbekämpfung. Dass der gesamte Text keine Anmerkungen bietet und so noch nicht einmal die Zitate rückverfolgt werden können, ist ein Ärgernis.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger