Lange hat die Geschichtswissenschaft, wenn sie sich mit dem Mittelalter befasste, dessen Politik und Strukturen untersucht und dargestellt. Seit den 1980er Jahren jedoch änderte sich dies: Seitdem stehen der Mensch, seine Lebensumstände und seine Umwelt viel mehr im Mittelpunkt. Dies ermöglicht eine deutlich andere Sicht auf die ferne Epoche.
Hier setzt das Buch des Klagenfurter Historikers Christian Domenig an. Er schildert innovative Forschungsansätze der Mediävistik: von der Geschichte historischer Räume über Forschungen zu Kulturen, Konflikten und Emotionen, zu materiellen Hinterlassenschaften und symbolischen Praktiken bis hin zur Analyse von Kommunikation und Medien. Jedem Einzelkapitel ist eine Literaturliste beigegeben. Bezüglich der Kommunikation etwa ergibt sich die Herausforderung, dass das Mittelalter über weite Strecken eine orale Kultur war. Neben die oft spärliche Textüberlieferung treten daher Bilder als wichtige historische Quelle. Das Konzept der „Intermedialität“ möchte die Wirkung von Texten und Bildern auf den Leseunkundigen ergründen. Das Buch eignet sich für denjenigen, der verstehen will, wie facettenreich unser Bild vom Mittelalter inzwischen geworden ist und warum.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Christian Domenig
Geschichte in Bewegung
Das Mittelalter jenseits der Politik
W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2022, 254 Seiten, € 34,–