Unter dem Titel „Brüche und Brücken“ wird in diesem neuen Buch die spannende Frage nach dem Kulturtransfer im Alpenraum verfolgt. Die Publikation geht auf eine Ringvorlesung der Universität Innsbruck zurück, die nicht nur im akademischen Raum, sondern auch beim Innsbrucker Stadtpublikum auf lebhaftes Interesse stieß, so daß man sich entschloß, die Vorträge in Buchform einem breiteren Publikum vorzustellen.
Die 22 Aufsätze dieses Bandes sind fast alle auch von Nicht-Fachleuten gut zu lesen (dies ist keineswegs selbstverständlich und verdankt sich dem Engagement des Verlagslektorats) und betrachten das Thema aus den verschieden-sten Perspektiven. So gibt es Beiträge über den Feuersteinhandel, die Wanderschäferei, Fernfahrer und Händler in der Antike, herrschaftliches Reisen in der frühen Neuzeit, lateinische Literatur, Tanzkultur, Sprachgeschichte oder regionale Literatur im 20. Jahrhundert. Die Beiträge beziehen sich meist auf den Raum Tirol/Südtirol, gehen aber manchmal auch darüber hinaus.
Auch wenn eine solche „bunte Mischung“ durchaus anregend sein kann, so überwiegen doch die Nachteile: Erstens gibt es weder eine allgemeine Einführung noch eine Synthese am Schluß, so daß die einzelnen Beiträge unverbunden nebeneinanderstehen. Dies ist ärgerlich, weil die im Vorwort genannten Leitfragen – Sind die Alpen Barriere oder Scharnier in Europa, und gibt es hier überhaupt noch Neues zu erforschen? – so allgemein sind, daß sie keinen „roten Faden“ für das Buch ergeben.
Zweitens handelt es sich um eine Ringvorlesung der Geisteswissenschaftler; dadurch fehlen zahlreiche Fächer, die man zu dieser Thematik selbstverständlich erwartet (Geographie, Wirtschaft, Sozialwissenschaften, Politik), und dadurch wird die im Untertitel genannte „Gegenwart“ nur äußerst knapp behandelt.
Drittens stellen die Geisteswissenschaftler ihre Forschungsergebnisse vor. Das bedeutet, daß Überblicks- und Orientierungsdarstellungen – für Laien besonders interessant – fehlen. Fast immer dominieren Spezialthemen, bei denen man sich manchmal fragt, ob sie wirklich für ein „breiteres Publikum“ interessant sind. Entstanden ist so ein Zwitter, der für Laien zu speziell und für Fachleute zu allgemein ist. Schade.
Rezension: Bätzing, Werner