Zwölf kleine Notizblöcke mit Tagebucheintragungen konnte die Jüdin Mary Berg aus dem Warschauer Ghetto schmuggeln und 1944 mit in die USA nehmen. Dort wurde ihr Tagebuch in ergänzter und bearbeiteter Form (sie hatte eine Kurzschrift verwendet) bereits vor Kriegsende als erster Augenzeugenbericht über das Leben im Ghetto veröffentlicht. Im deutschsprachigen Raum ist es erst jetzt erschienen.
Mary Berg war 15 Jahre alt, als sie 1939 mit ihren Aufzeichnungen begann. Einer der ersten Sätze lautet: „Alle haben Angst, nach draußen zu gehen. Die Deutschen sind hier“. Im November 1940 musste Mary mit ihrer Familie ins Warschauer Ghetto ziehen. Ihre eindringlichen Schilderungen des Lebensalltags dort voller Terror, Hunger und Verzweiflung sind das Kernstück des Buchs. Mary dokumentiert aber nicht nur das Grauen, sondern auch die mutigen Widerstandsversuche der Ghettobewohner. Dabei war sie als amerikanische Staatsbürgerin privilegiert, weshalb sie und ihre Familie „nur“ inhaftiert wurden, als im Juli 1942 die Deportation von über 300 000 Ghettobewohnern stattfand. Anfang 1943 wurden die Bergs in ein französisches Lager überführt, 1944 gelang ihnen die Ausreise in die rettende USA.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Mary Berg
Wann wird diese Hölle enden?
Das Mädchen, das das Warschauer Ghetto überlebte
Das Tagebuch der Mary Berg
Verlag orell füssli, Zürich 2019, 342 Seiten, € 23,–