Einen lesenswerten Beitrag zu der Frage, inwieweit die Außenpolitik Bismarcks die Bereitschaft zum Krieg schon eingeschlossen und damit die verhängnisvollen Entwicklungen vor und nach 1914 schon vorbereitet habe, hat Konrad Canis beigesteuert. Nachdem er 1997 eine Studie zur Außenpolitik Bismarcks zwischen 1890 und 1902 vorgelegt hatte, wendet er sich jetzt der Zeit zwischen 1870 und 1890 zu.
Zunächst arbeitet Canis, orientiert an den wichtigsten außenpolitischen Ereignissen, die Grundorientierungen Bismarcks angesichts der prekären Machtverhältnisse in Europa heraus: Teilung der Vorherrschaft mit Rußland, deutsche Dominanz gegenüber Frankreich. Dabei stellt Canis stets auch die innenpolitischen Absichten Bismarcks in Verbindung mit seiner Außenpolitik dar. So führte Bismarck – ganz „modern“ – sein außenpolitisches Prestige gegen seine innenpolitischen Gegner ins Feld.
In der Frage nach den Kontinuitäten argumentiert Canis moderat, macht Bismarck nicht zum zähnefletschenden Kriegstreiber. Klar wird jedoch, daß im Bestreben, die Sicherheit des Reichs zu garantieren, auch die militärische Offensive mit hegemonialem Anspruch eingeschlossen war, und daß in Bismarcks Kalkül dem Gedanken der Kooperation nur wenig Raum gegeben wurde.
Rezension: Talkenberger, Heike