Mit dem Titel „Bilder einer Diktatur“ spricht der Historiker Gerhard Paul einen doppelten Zusammenhang an: Zum einen präsentiert er in seinem Band Bilder, die das NS-Regime produzierte, zum anderen sind auch die Vorstellungen gemeint, die wir uns, ausgehend von diesem Material, von der NS-Zeit machen. Gegliedert nach den Jahren von 1932 bis 1945, analysiert Paul akribisch und oft erhellend wichtige Aufnahmen und stellt sie in ihren historischen Kontext. Er zeigt, dass häufig die NS-Propaganda in ihnen ungehindert fortwirken kann, da sie nicht kritisch hinterfragt, sondern bis heute als Illustration der Realität wahrgenommen werden.
Ein Beispiel ist das berühmte Foto vom zerbrochenen Schlagbaum von Danzig, der zur visuellen Metapher für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde. Paul schildert, dass die Szene, die für die Kamera inszeniert wurde, mit den wirklichen Ereignissen kaum etwas zu tun hatte. Außerdem untersucht Paul die spätere Verwendung dieser ikonischen Bilder. Ein Beispiel ist etwa das vom „Treck“ der vertriebenen Deutschen auf dem zugefrorenen Frischen Haff in Ostpreußen. Als „Wochenschau“-Bild suggeriert es fälschlich einen geordneten Gang der Dinge unter Kontrolle der Wehrmacht. Dennoch wurde das Bild immer wieder verwendet, bis hin zum ARD-Film „Die Flucht“ (2007), wo es quasi nachgestellt wurde.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Gerhard Paul
Bilder einer Diktatur
Zur Visual History des „Dritten Reiches“
Wallstein Verlag, Göttingen 2020, 528 Seiten, € 38,–