Welche Rolle spielten eigentlich Gärten bei der Entwicklung intellektuellen Austauschs im 18. Jahrhundert? Es ist wohl kein Zufall, dass im Jahrhundert der Aufklärung auch Gärten hoch im Kurs standen. In dieser Zeit entstand eine neue Debattenkultur, die mit der Gartenlust des aufkommenden Bürgertums zusammenhing: Man traf sich in den am Stadtrand gelegenen Grünanlagen und Lauben, um politische und philosophische Themen zu diskutieren. Dies galt auch für Moses Mendelssohn, einen der herausragenden Denker der Epoche. Dass der jüdische Philosoph und Wahlberliner sich in seinem Leben immer wieder gern in schönen Gärten aufhielt, fand bislang allerdings nur wenig Beachtung. Diese Lücke kann nun das lesenswerte Buch von Thomas Lackmann füllen.
In zwölf „Spazierflügen“ begleitet der Mendelssohn-Experte den Berliner Sokrates ins Grüne. Dabei erfährt man, dass der Stadtmensch Mendelssohn zunächst vor allem am Schreibtisch die Nähe zur Natur suchte. Dann aber nimmt der Autor seine Leserinnen und Leser unter anderem mit zu den diskussionsfreudigen Gartentreffen, die Mendelssohn mit dem befreundeten Gotthold Ephraim Lessing und Friedrich Nicolai – zusammen bilden sie das sogenannte Dreigestirn der Berliner Aufklärung – abhielt. Für alle, die mit einer neuen Perspektive in das intellektuelle Leben zu Mendelssohns Zeiten eintauchen möchten, eine unbedingt lohnenswerte Lektüre.
Rezension: Dr. Anna Joisten
Thomas Lackmann
Mendelssohns Gärten
Jüdischer Verlag, Berlin 2023, 303 Seiten, € 28,–