Mit ihren satirischen und gesellschaftskritischen Romanen „Gilgi, eine von uns“ (1931) und „Das kunstseidene Mädchen“ (1932) wurde die Schriftstellerin Irmgard Keun berühmt. Mit Witz und Herz schildert sie darin den schwierigen Kampf zweier junger Frauen um eine unabhängige Existenz. Deren Sehnsucht nach Glanz und Ruhm scheitert, stattdessen droht der Absturz in Prostitution und Armut. Von den Nationalsozialisten wurden Keuns Werke verboten.
Die Schriftstellerin lebte zumeist in Berlin, wo auch ihre Erfolgsromane spielen. Den verschiedenen Schauplätzen von Biographie und Literatur kann man in dem schön bebilderten Band nachgehen. Am Beginn steht das kaiserzeitliche Charlottenburg, in dem Keun ihre Kindheit verbrachte. In den 1930er Jahren führen die Spuren ins Kino „Capitol“, wo die Verfilmung von „Gilgi“ gezeigt wurde, aber auch zur Reichsschrifttumskammer, wo Keuns Aufnahmeantrag 1936 abgelehnt wurde. Dazu sind viele Orte der Zwischenkriegszeit zu entdecken – bunte Cafés und flirrende Nachtlokale, große Hotels, aber auch triste Bahnhofswartesäle.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Michael Bienert
Das kunstseidene Berlin
Irmgard Keuns literarische Schauplätze
verlag für berlin-brandenburg, Berlin 2020, 200 Seiten, € 25,–