Die „Organisation Todt“ (OT) war eine der bedeutendsten Sonderorganisationen des NS-Staats und für die Durchführung kriegswichtiger Bauprojekte zuständig. 1938 von Fritz Todt für den Bau des „Westwalls“ geschaffen, bezog sich ihre Tätigkeit seit Beginn des Krieges auf infrastrukturelle Baumaßnahmen in den besetzten Gebieten. Mehr als 1,5 Millionen Menschen, vor allem Zivil- und Zwangsarbeiter bzw. -arbeiterinnen, Kriegsgefangene oder KZ-Häftlinge sowie Hunderte von einheimischen Unternehmen arbeiteten für die Organisation.
Fabian Lemmes untersucht in seiner überarbeiteten Dissertation die Mechanismen, mithilfe derer die wirtschaftlichen Ressourcen in den besetzten Ländern sowie die Arbeitskraft der freiwillig oder unter Zwang eingesetzten Menschen durch die OT ausgebeutet wurden. Er fragt nach den vorherrschenden Motiven, nach dem Verhältnis der Bauindustrie zur OT, nach den Strukturen der Rekrutierung von Arbeitskräften, aber auch nach deren Arbeitsalltag und Lebensbedingungen, nach Rebellion und Widerstand. Für seine Studie zieht er auch Selbstzeugnisse heran und vergleicht durchgehend die Verhältnisse in Frankreich mit denen in Italien. Damit beleuchtet Lemmes einen bisher wenig erforschten, aber wichtigen Teil der deutschen Kriegswirtschaft, der das NS-Regime maßgeblich stärkte.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Fabian Lemmes
Arbeiten in Hitlers Europa
Die Organisation Todt in Frankreich und Italien 1940–1945
Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2021, 770 Seiten, € 95,–