Der Dreißigjährige Krieg war vorüber, die Französische Revolution hatte noch nicht stattgefunden: Diese Zwischenzeit, oft als „Ancien Régime“ bezeichnet, scheint eine glanzvolle gewesen zu sein, voll barocker Opulenz oder aufgeklärtem Esprit, voll Entdecker- und Experimentiergeist. Doch der in Wuppertal lehrende Historiker Gerrit Walther, der einen sehr lesenswerten Überblick über die Geschichte Europas zwischen 1648 und 1789 geschrieben hat, gibt zu bedenken, dass diese kulturell so faszinierende Zeit ebenso durch zahlreiche Kriege und dem damit verbundenen Leid geprägt war.
Wir lernen mit Walther die Facetten des Staates im „langen 18. Jahrhundert“ kennen, erleben das Zeitalter Ludwigs XIV., werden über die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Großmächten informiert und begleiten die Europäer in Übersee, von Südamerika bis Fernost. Vollends wird die Betrachtungsweise global, wenn Walther den Siebenjährigen Krieg als „Weltkrieg“ bezeichnet, in den keineswegs nur Preußen und Österreich, sondern viele andere Staaten verstrickt waren (siehe das Titelthema DAMALS 6-2021). Misslingende Balancen und ausgebliebene Reformen führten schließlich zur Revolution. Ein neues Zeitalter brach an, in dem unter anderem eine radikalisierte Aufklärung wirkmächtig wurde.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Gerrit Walther
Staatenkonkurrenz und Vernunft
Europa 1648–1789
Verlag C. H. Beck, München 2021, 368 Seiten, € 18,95