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Am Ende der Republik

Michael Sommer

Am Ende der Republik

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Die späte römische Republik gehört zu den bevorzugten Gegenständen historischer Betrachtung. Dem Übergang von einem republikanischen zu einem monarchischen System hat man immer auch gern eine modellhafte Funktion zugeschrieben. Zum Glück hat sich der Althistoriker Michael Sommer in seinem neuesten Buch mit jedenfalls expliziten Bezügen zur Gegenwart zurückgehalten, auch wenn der Untertitel schon eine solche Absicht suggerieren möchte. Und er geht auch nicht so weit wie eine große deutsche Tageszeitung, die ein Interview mit dem Autor zu seinem Buch mit dem Satz „Schon in Rom gab es Populisten, die Hass schürten“ einleitete. Die diffuse, plakative Kategorie „Hass“ ist denkbar ungeeignet, die komplexen Bedingungen, die zum Untergang der römischen Republik führten, angemessen zu erfassen.

Gut nachvollziehbar zeigt Sommer in fünf Kapiteln die Verhältnisse und Strukturen auf, die das Erfolgsmodell Republik erst ins Wanken und dann zum Einsturz brachten. Sein Ziel besteht darin zu zeigen, „wie der Republik allmählich die Republikaner davonliefen und die Elite ihre Autorität verlor“. Im Mittelpunkt steht die schillernde Gestalt des Publius Clodius Pulcher, der 58 v. Chr. das Amt des Volkstribuns bekleidete und der 52 v. Chr. bei gewaltsamen Auseinandersetzungen von einem politischen Rivalen erschlagen wurde. Dazwischen entfaltete der Spross einer einst ruhmreichen, nun aber verblassten Adelsdynastie höchst umtriebige Aktivitäten.

In den Quellen hat er eine ausgesprochen schlechte Presse, was daran liegt, dass wir nur Aussagen seiner Gegner haben. Von Clodius selbst gibt es nichts Schriftliches, was Aufschlüsse über seine politischen Absichten geben könnte. So erscheint er als ein Chaos auslösender Unruhestifter, dem es primär darauf ankam, die Ordnung zu stören, weil dies der Zustand war, in dem er seine subversiven Tätigkeiten entwickeln konnte. Berühmt machte ihn der Bona-Dea-Skandal, ein Fest römischer Aristokratinnen für die „gute Göttin“, bei dem nur Frauen zugelassen waren und zu dem er sich, als Caesars Ehefrau Gastgeberin war, als Frau verkleidet Zutritt verschaffte und prompt enttarnt wurde.

Sommers Clodius ist ein Kulissenschieber, ein Verkleidungskünstler, ein Chamäleon – jedoch nicht nur ein prinzipienloser Karrierist und Opportunist. Gerne war er für prominente Persönlichkeiten wie Caesar tätig. Doch schuf er daneben, als geradezu revolutionäre Tat, ein Netzwerk der „kleinen Leute“, stellte der Freiheit der wenigen, der nobiles, die Freiheit der Masse entgegen, die damit in Rom erstmals zu einem wirklich relevanten politischen Faktor wurde.

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Dies herausgestellt zu haben, ist nicht das geringste Verdienst eines lehrreichen Buches über die Geschichte der späten Republik, an dem allenfalls die inflationäre Verwendung von Anglizismen und Modewörtern stört. Etwas langatmig wirkt auch die schier endlose Vorstellung der claudischen Familiengeschichte, deren Bedeutung für das Thema nicht recht klar wird, auch wenn Sommer eine Triebfeder im Handeln des Clodius darin sieht, an frühere ruhmreiche Taten seiner Dynastie anknüpfen zu wollen.

Rezension: Prof. Dr. Holger Sonnabend

Michael Sommer
Volkstribun
Die Verführung der Massen und der Untergang der Römischen Republik
Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2023, 336 Seiten, € 25,–

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