Seit der Finanzkrise 2008 wird immer wieder an den Börsencrash von 1929 erinnert. Der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann dagegen betont, dass nicht 1929, sondern das Jahr 1931 mit seiner katastrophalen Wirtschaftskrise das für unsere heutige Entwicklung eigentlich wichtigere Bezugsjahr ist. Während nämlich die Nationalsozialisten von den fallenden Aktienkursen 1929 nicht profitierten, taten sie dies umso mehr von der Krise von 1931.
Diese entstand dadurch, dass das Deutsche Reich immense Auslandsschulden hatte, überwiegend Reparationsverpflichtungen. Als das Reich 1929 in eine Rezession geriet, konnte die Schuldentilgung nicht mehr bedient werden; die Regierung Brüning erklärte die Zahlungsunfähigkeit. Die Folge war der überstürzte Abzug ausländischen Kapitals. Schließlich konnte die Stabilität der Reichsmark nur noch durch die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen gewährleistet werden; Panik brach aus. Am Ende standen eine globale Liquiditätskrise und der Kollaps des Bankensystems.
Straumann schildert in seiner gut verständlichen Studie den Gesamtkomplex der finanzpolitischen Maßnahmen, der sich überstürzenden Ereignisse und der fatalen Folgen. Der Aufstieg Hitlers, so seine Schlussfolgerung, war nicht der wachsenden Arbeitslosigkeit geschuldet, sondern dem Erfolg seiner Agitation gegen ausländische Schuldner und die Sparpolitik.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Tobias Straumann
1931
Die Finanzkrise und Hitlers Aufstieg
Verlag wbg Theiss, Darmstadt 2020, 263 Seiten, € 25,–