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Vom Waffenlager zum Museum

Museum Zeughaus Mannheim

Vom Waffenlager zum Museum
Mit einem Gesamtaufwand von über 17 Millionen Euro wurde das barocke Zeughaus in Mannheim saniert. Auf über 6000 Quadratmetern Ausstellungsfläche beherbergt es reichhaltige Sammlungen: von mittelalterlichen Altären bis zu moderner Fotokunst. Museum Zeughaus

Eine „barocke Achse“ soll künftig dafür sorgen, dass Mannheim zum Pflichtprogramm von Kulturreisenden im ganzen deutschsprachigen Raum wird. Dieser Hoffnung gab der Mannheimer Oberbürgermeister Gerhard Widder bei der Eröffnung des neuen Museums Zeughaus Ausdruck. Gebildet wird diese barock-klassizistische Achse aus dem jüngst ebenfalls nach aufwendiger Sanierung wieder eröffneten Residenzschloss, das zu den größten Europas zählt, der zwischen 1733 und 1760 erbauten Jesuitenkirche und dem Zeughaus, dem Stammhaus der Reiss-Engelhorn-Museen.

Das Mannheimer Zeughaus gehört zu den bedeutendsten Bauwerken des Frühklassizismus in Deutschland. Unter Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz wurde es 1777/78 von dem flämischen Architekten Peter Anton von Verschaffelt als Waffenarsenal errichtet. Charakteristisch für den Bau ist die dreigeschossige, streng gegliederte Sandsteinfassade mit repräsentativem, wappenbekröntem Vorbau. Das Zeughaus diente im 19. Jahrhundert als Kaserne, später als Gewerbehalle und Leihamt. 1925 wurde im Erdgeschoss das Museum für Natur- und Völkerkunde eingerichtet – der Auftakt zur musealen Nutzung des Baus.

Grundgedanke der nun abgeschlossenen Sanierung war die weitestgehende Wiederherstellung der originalen Bausubstanz. So erhielt das Zeughaus seine markante hohe Dachkonstruk‧tion zurück, und im Inneren wurde die nach dem Zweiten Weltkrieg eingebaute zentrale Treppe entfernt. Die einzelnen Geschosse sind nun wieder durch dem Gebäude zur Hofseite vorgelagerte Treppenhäuser miteinander verbunden. Im Inneren entstanden dadurch weiträumige Ebenen für die Präsentation der kulturgeschichtlichen Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen.

Im tonnengewölbten Untergeschoss kann der Besucher in die Welt der Antike eintauchen, die durch Panoramen anschaulich inszeniert wird. Rekonstruiertes Mobiliar vergegenwärtigt die Lebenswelt der alten Griechen und Römer. Den typischen Wohnungsbau der Etrusker illustrieren Architekturmodelle, eine Medienstation informiert über deren religiöse Vorstellungen. Wer mag, kann sich in der Kleiderkammer auch nach antikem Vorbild ausstaffieren. Originalfunde ergänzen die vielfältigen Rekonstruktionen und Inszenierungen.

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Im Erdgeschoss hat die Sammlung Frankenthaler Porzellans ihren Platz gefunden. Die ursprünglich in Straßburg beheimatete Manufaktur verlegte ihren Sitz 1754/55 in das pfälzische Frankenthal. Ihre Arbeiten sind ein idealisiertes Abbild der eleganten Welt im 18. Jahrhundert. Reichdekoriertes Tafelservice zeugt von der Bedeutung aufwendiger Repräsentation. Auch Szenen aus der Jagd und der antiken Mythologie finden sich zahlreich.

Ebenfalls im Erdgeschoss untergebracht ist die Sammlung sakraler Kunst. Die „Madonna auf der Mondsichel“ eines unbekannten Künstlers aus dem Bodenseegebiet (um 1520) belegt die Blüte spätgotischer Skulptur im süddeutschen Raum. Barocke Bewegung zeigen die überlebensgroßen Figuren „Nonne“ und „Mönch“ aus dem 17. Jahrhundert, protestantische Sachlichkeit dagegen die Reformatoren-Porträts von Johann Jacob Hauck, der zwischen 1742 und 1756 in Mannheim nachweisbar ist.

Während das erste Obergeschoss repräsentativen Veranstaltungen vorbehalten ist, dominiert im zweiten Stock wieder die museale Nutzung mit der umfangreichen Gemäldesammlung der Reiss-Engelhorn-Museen. Unter dem Motto „Von Angesicht zu Angesicht“ dominieren die unterschiedlichsten Porträtdarstellungen: vom Staatsbildnis des Kurfürsten Carl Theodor bis zu dem intimen Idyll, das der Maler Anton Graff (1736 –1813) von seiner Familie gezeichnet hat.

In der Sammlung historischer Kleidung wird auf originelle Art der Vergleich zwischen Mensch und Tier gewagt, indem etwa die Ritterrüstung dem Panzerkleid des Gürteltiers gegenübergestellt wird und der Inuit-Parka dem Fell des Polarfuchses. Der Bereich „Angewandte Kunst“ zeigt dann einmal mehr barocke Pracht-entfaltung in Form von gewaltigen, reichverzierten Schränken oder Schreibmöbeln mit raffiniertem Innenleben. Die höchste Form von bürgerlicher Wohnkultur vergegenwärtigt die festlich gedeckte Reiss-Tafel.

Das dritte Obergeschoss ist der Stadtgeschichte gewidmet. 144 Biographien stehen stellvertretend für unterschiedliche Epochen und gesellschaftliche Schichten. Die Entwicklung des Hafens wird in einer Inszenierung erzählt, bei der die Besucher auch die Düfte der Gewürze aus den am Kai gestapelten Fässern riechen können. Im 18. Jahrhundert war Mannheim ein Zentrum der europäischen Theaterkultur. Entwürfe für Bühnenbilder und Kostüme, historische Dokumente und Ansichten machen diesen Aspekt der Stadtge‧schichte lebendig. Ergänzt wird der Stadtraum durch den „Naturraum Mannheim“, unter anderem durch das Diorama eines Auwaldes.

Trotz so vieler Eindrücke sollten die Besucher es nicht versäumen, auch noch die Treppen zum vierten Obergeschoss zu erklimmen. Dort kann man Musikinstrumenten Töne entlocken oder in Kirchenbänken Mannheimer Orgelmusik lauschen. Auf mehr als 600 Quadratmetern Ausstellungsfläche stellt sich das Forum Internationale Photographie vor.

Reiss-Engelhorn-Museen Zeughaus C 5, 68159 Mannheim Tel. + 49 / (0)621/2933150 http://www.rem.mannheim.de Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11 –18 Uhr

Uwe A. Oster

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