Das Entbindungshospital der Universität Göttingen spielte eine bedeutende Rolle bei der Umwandlung der Geburtshilfe aus einer Frauenarbeit in einen Zweig der medizinischen Wissenschaft. 1751 in bescheidenem Rahmen begründet, in den 1780er Jahren mit einem Neubau ausgestattet, konnten dort die männlichen Studenten die praktischen Fähigkeiten erwerben, über die bis dahin fast ausschließlich Hebammen verfügten. Unentbehrlich waren dabei die unehelich schwangeren Frauen, die als arme Mägde und Dienstmädchen das Angebot kostenloser Versorgung im Hospital annahmen. Sie bezahlten, indem sie „gleichsam als lebendige Phantome“ (Übungspuppen) für die Ausbildung dienten, wie es der langjährige Hospitaldirektor und Professor der Geburtshilfe Friedrich Benjamin Osiander (er amtierte von 1792 bis 1822) unverblümt formulierte.
Wegen der ausgezeichneten Dokumentation ließ sich erforschen, in welcher Weise die verschiedenen Personen – Direktor, Hebamme, Studenten und nicht zuletzt die „Gebärerinnen“ – die neuartige Einrichtung des „Accouchierhauses“ für ihre Zwecke nutzten. Kaum war das Buch mit den Ergebnissen dieser Untersuchungen erschienen, da tauchte aus Privatbesitz eine ganz neue Quelle auf: das „Geheime Buch“ des Hospitaldirektors, in das er die Frauen aus den gehobenen Schichten eintrug, die beträchtliche Summen für eine „heimliche Entbindung“ bezahlten. Allerdings hat er viele der Personalangaben nachträglich sorgfältig durchgestrichen…
Autor: Prof. Dr. Dr. Jürgen Schlumbohm
Den vollständigen Artikel lesen Sie in DAMALS 06/2019