Am 1. Mai 1896 öffnete in Berlin die „Erste Deutsche Kolonial-Ausstellung“ ihre Pforten; sie wurde in fünf Monaten von mehr als zwei Millionen Menschen besucht. Geboten wurden „Eingeborenendörfer“, Kult- und Gebrauchsgegenstände, Exportgüter der Kolonien … Ziel war, das deutsche „Kolonialwesen“ in seiner ganzen Breite vorzuführen, die Argumente der Kolonialgegner zu entkräften und das Deutsche Reich als den anderen Kolonialmächten ebenbürtig zu präsentieren.
Kleinere Ausstellungen waren vor-angegangen. Auch im Hinblick auf diese Form imperialistischer Prestigedemonstration reihte sich das Deutsche Reich in die Reihe der Kolonialmächte ein. Mit der Vorführung von Menschen übernahm man zudem eine Praxis, die zur Attraktion der damaligen Kolonial- und Weltausstellungen gehörte: 103 „Eingeborene“ lebten in den nachgebauten Dörfern und Hütten, acht von ihnen kamen aus Deutsch-Neuguinea. Sie sollten das Leben in den neuerworbenen Gebieten möglichst „naturgetreu“ nachstellen und das Interesse des Publikums an Exotik befriedigen.
Im imperialistischen Zeitalter stieg das Interesse an überseeischen Ethnien nochmals sprunghaft. Eine Welle von Völkerschauen – während der Weltausstellungen, aber auch in Tierparks (!) – erreichte ein fasziniertes Publikum. Die Initiatoren griffen damit eine Veranstaltungsform auf, die mit dem Hamburger Zoodirektor Carl Hagenbeck und dessen „Völkerschauen“ seit Mitte der 1870er Jahre verbunden ist: Hagenbeck organisierte hierzulande die ersten „anthropologisch-zoologischen Ausstellungen“. Als sogenannte Karawanen zogen sie durch Deutschland, für „10 Pfennig“ führte man die fremden Völker einem begeisterten Publikum vor. Auch die Südseebewohner entgingen dieser Praxis nicht. Ring- und Boxkämpfe, Ruderwettkämpfe, Tänze, die Besteigung von Palmen oder die Zubereitung von Kava (Rauschpfeffer) usw. standen auf dem Programm. Mitglieder dieser Gruppe begeisterten später einen deutschen Samoa-Reisenden, als sie Berliner Gassenhauer sangen.
Auf den Völkerschauen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts tauchten aber vor allem Schwarzafrikaner auf. Selbst die christlichen Missionen, die sich ebenfalls an Kolonialausstellungen beteiligten und sogar eigene Kolonial-Missionstage ausrichteten, verzichteten nur langsam auf die Praxis, „Eingeborene“ als Schauobjekte zu präsentieren; stattdessen stellte man in den Kirchen nun Missionssammelbüchsen auf, den „Missions-“ oder „Nick-Neger“.
Die organisierten Kolonialbewegungen formulierten auf großen Kolonialkongressen in Berlin ihre Interessen gegenüber Regierung, Reichstag und Öffentlichkeit. Und sie brachten eine öffentliche Debatte über Kolonialprobleme in Gang. 1886 organisierte etwa der Kolonialchauvinist Carl Peters einen Kongress „zur Förderung überseeischer Interessen“, der in seiner nationalistischen Ausrichtung zum Vorläufer des 1890 gegründeten „Alldeutschen Verbands“ wurde. Die Kongresse von 1902, 1905, 1910 und (noch) 1924 zeichneten sich durch viel politische Prominenz, wissenschaftliche Kompetenz und breite Medienaufmerksamkeit aus…
Internet: Von der Kolonialbildsammlung der DKG sind heute noch etwa 55000 Bilder in der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main erhalten. Sie sind teilweise zugänglich unter http://www.stub.bildarchiv-dkg.uni-frankfurt.de.
Prof. Dr. Horst Gründer