Eine solche Frage stellt sich natürlich nicht nur für die Renaissance, sondern bei veränderten Rahmenbedingungen auch für die heutige Zeit. Derzeit untersucht ein interdisziplinärer Verbund von über 50 Wissenschaftlern an der Technischen Universität Dresden derartige Phänomene von der Antike bis zur Gegenwart. Unter dem eigens gebildeten Begriff der „Invektivität“ werden diejenigen Aspekte von Kommunikation analysiert, die dazu geeignet sind, herabzusetzen, zu verletzen oder auszugrenzen.
Mit dem Aspekt Ausgrenzung ist die menschliche Gruppenbildung angesprochen, bei der invektive Mechanismen häufig zu beobachten sind. So stehen schon am Anfang der Renaissance scharfe Polemiken, mit denen der italienische Poet Francesco Petrarca in Konflikt mit einem von ihm verachteten päpstlichen Leibarzt trat, den er als dement, irre und geisteskrank titulierte. Er griff auf Reden Ciceros zurück, der ein Meister darin war, Kontrahenten beleidigend niederzumachen. Nun, seit Mitte des 14. Jahrhunderts, dienten die Invektiven (= Schmähungen) dazu, dem Humanismus zum Durchbruch zu verhelfen und den Humanisten Prestige und Posten zu verschaffen. Den Anhängern der neuen Bildungsbewegung reichte offenbar ein Freundschaftskult zur Abgrenzung gegenüber Traditionalisten und zur internen Gruppenbildung nicht aus. Es brauchte die dynamisierende Kraft des Invektiven, um neue Konstellationen herbeizuführen…
Autor: Prof. Dr. Uwe Israel
Den vollständigen Artikel lesen Sie in DAMALS 05/2020