Als die eisige Winternacht angebrochen war, kam die Frau, die nicht ahnen konnte, dass sie in die Weltliteratur eingehen würde, aus ihrem Versteck hervor. Vorsichtig ging sie in Richtung des großen Flusses, darauf hoffend, dass die Kälte ihr Werk getan hatte und der Ohio River zugefroren war. Ihr Baby in der Wolldecke drückte sie eng an sich, besorgt, es könnte zu schreien anfangen und sie verraten. Der Weg war ihr wohlbekannt, war sie ihn doch oft im Auftrag ihres „Masters“ gegangen, ihres Besitzers. Denn auf der Plantage im Norden Kentuckys, der sie in dieser Nacht des Jahres 1838 für immer den Rücken zu kehren hoffte, war sie ein Stück Farmeigentum wie die Ochsen, die Pflugscharen und die anderen Gerätschaften.
Ein paar Tage zuvor war ein Sklavenhändler bei ihrem Besitzer aufgetaucht und hatte begonnen, mit diesem über den Preis für sie und ihre älteren Kinder zu verhandeln – da wusste die Frau, dass sie jeden Tag in den tiefen Süden verkauft werden konnte, weit weg von ihrer Familie und dem Traum von Freiheit. Denn die Freiheit, das hatte sie die anderen Sklaven flüstern hören, die lag jenseits des Flusses…
Autor: Dr. Dr. Ronald D. Gerste
Den vollständigen Artikel lesen Sie in DAMALS 05/2020