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Kühne Visionen einer Gott-Königin

Caesar und Kleopatra

Kühne Visionen einer Gott-Königin
Mit der Hilfe Caesars versuchte Kleopatra, Ägypten noch einmal zur Vormacht im östlichen Mittelmeerraum zu machen; ihr gemeinsamer Sohn Kaisarion sollte zum Begründer einer neuen äygptisch-römischen Dynastie werden. Doch auch Caesar ließ sich nicht nur von Emotionen leiten, wenn er der Königin den Hof machte.

Wenn faszinierende Herrscherpersönlichkeiten wie Gaius Iulius Caesar (100–44 v.Chr.), 52-jährig und auf dem Höhepunkt seiner Erfolge als Staatsmann und Feldherr stehend, und die 21-jährige ehrgeizige und ebenso gebildete wie patriotische „Erbin von Ägypten“ Kleopatra VII. (69–30 v.Chr.) zusammentreffen, ist die Phantasie von Biographen und Buntschriftstellern, antiken und heutigen, gleichermaßen gefordert. So erstrahlt auch die erste Begegnung des ungleichen Paares im Königspalast von Alexandrien im Jahr 48 v.Chr. im Glanz des Anekdotischen: „Da sie sonst keine Möglichkeit sah, unentdeckt [in den Palast] hineinzukommen, legte sie sich der Länge nach in einen ,Wäschesack‘, [ihr Begleiter] Apollodoros schnürte ihn mit einem Riemen zusammen und trug das Bündel durch das Tor zu Caesar hinein. Schon dieser listige Einfall, der Kleopatras mutwilliges Wesen verriet, gewann Caesars Herz, und vollends erlag er ihrer Anmut und dem Reiz ihres Umgangs“, weiß Plutarch (um 46 – um 120 n.Chr.). Ob sie bereits in jener ersten Nacht ein Liebespaar wurden, wissen wir nicht, Tatsache aber ist, dass etwa neun Monate später Kaisarion, der Erstgeborene Kleopatras und einzige leibliche Sohn Caesars, zur Welt kam. Doch wie kam es überhaupt zu der schicksalhaften Begegnung zwischen Okzident und Orient, zwischen zwei Welten, von denen letztere nur scheinbar nach der Schlacht von Actium (31 v.Chr.) untergegangen war: In Wirklichkeit lebte sie in der nur verschleierten Allmacht der römischen Kaiser von Augustus bis in die byzantinische Zeit weiter, wie der englische Historiker Ronald Syme in „Roman Revolution“ eindrucksvoll gezeigt hat.

Kleopatra VII., die erst nach ihrem Tod den Beinamen „die Große“ erhalten sollte, war die letzte Königin auf dem Thron der Pharaonen und bereits zu Lebzeiten ein Mythos. Sie stammte aus der Dynastie der makedonischen Ptolemäer, Erben Alexander des Großen, die über 300 Jahre lang Ägypten beherrscht und dabei oft bedeutende Frauen als Mitregentinnen eingesetzt hatten. Kleopatras Amtsvorgänger hatten die Ressourcen Ägyptens durch zahlreiche Kriege sowie eine verschwenderische Hofhaltung aufgebraucht, die Königsfamilie war von endlosen Intrigen, Eltern- und Geschwistermorden zerrissen. Hatte das ptolemäische Ägypten im 3. Jahrhundert v.Chr. noch eine Weltmacht dargestellt, konnten sich die Herrscher im ersten vorchristlichen Jahrhundert nur noch mit römischer Hilfe auf dem Thron halten. Das Privileg, „zu den Freunden und Verbündeten des römischen Volkes“ zu gehören, hatte sich der Vater Kleopatras, Ptolemaios XII. (107– 51 v.Chr.), mit riesigen Bestechungsgeldern an Caesar und Pompeius erkauft. In seinem in Rom hinterlegten Testament hatte er seine Tochter Kleopatra und deren jüngeren Bruder Ptolemaios XIII., die nach ägyptischer Sitte miteinander verheiratet waren, zu seinen Nachfolgern bestimmt. Die nach dem Tod des Vaters im Jahr 51 v.Chr. zu gemeinsamer Herrschaft angetretenen Geschwister überwarfen sich jedoch, ganz der Familientradi-tion entsprechend, schon nach kurzer Zeit und standen sich 48 v.Chr. in einem bewaffneten Konflikt gegenüber, in dessen Verlauf Kleopatra aus Ägypten fliehen musste…

Literatur Ortrud Westheider/Karsten Müller (Hrsg.), Kleopatra und die Cäsaren. München 2006. Christoph Schäfer, Kleopatra. Darmstadt 2006. Wolfgang Schuller, Kleopatra. Königin in drei Kulturen. Reinbek bei Hamburg 2006. Manfred Clauss, Kleopatra. München 2000.

Prof. Dr. Heike Sternberg-el-Hotabi/Univ.-Prof. Dr. Herbert Aigner

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