Erst im späten 7. Jahrhundert wurde Japan zu einem nach damaligen Maßstäben modernen Staat: An der Spitze stand ein Monarch, der sich dem chinesischen Kaiser als ebenbürtig empfand und deshalb die zivilisatorischen Errungenschaften des benachbarten Kontinentalreichs zur Sicherung seiner eigenen Herrschaft eifrig auf die japanischen Inseln übertrug. Er nannte sich „Himmelskönig“ (tenno), was in Wort und Idee eine Anlehnung an den Titel des chinesischen Herrschers war („Sohn des Himmels“). In seiner Hauptstadt (von 710 bis 784 Heijokyo/Nara, von 794 bis 1867 Heiankyo/Kyoto) hielt der Tenno Hof und scharte Diener und Beamte um sich, denen er chinesische Amtsbezeichnungen, chinesische Hofbekleidung und viele andere Attribute verlieh, die aus dem noch armen Japan eine Kopie des erfolgreichen Nachbarn machen sollten.
Mit einigen Einschränkungen funktionierte dies recht gut, jedenfalls in den fünf Provinzen, die den Hof des Kaisers umgaben und seine eigentliche Machtbasis darstellten. In den Provinzen Yamato, Settsu, Yamashiro, Kawachi und Izumi gehörte dem Anspruch nach alles Land und alles Volk dem Kaiser. Die kaiserliche Verwaltung beaufsichtigte streng den geregelten Anbau von Reis, die An‧lage von Bewässerungssystemen, die Einhaltung der staatswichtigen religiösen Feste und schließlich den Einzug des Erntezinses.
Außerhalb dieser Zone lagen die Dinge anders, und zwar umso mehr, je weiter man ins „Ausland“ kam – so nannten die Menschen die Gegenden außerhalb der fünf Kernprovinzen. Die sogenannten Ostprovinzen erkannten zwar die Macht des Kaisers und seiner Beamten an, leisteten Tribut in Form von Pferden und Tuchen und waren militärisch gesichert. Bis ins 10. Jahrhundert gab es aber auch Regionen, die von der neuen Kultur des Hofes kaum oder gar nicht beeinflusst waren, vor allem im Nordosten der Hauptinsel Honshu. Deren Bewohner, die mit der Sammelbezeichnung emishi belegt wurden, wehrten sich immer wieder gewaltsam gegen ihre Vereinnahmung durch die „zivilisierten“ Japaner. Um sie zu unterwerfen, errichteten die kaiserlichen Soldaten befestigte Stützpunkte. Das Oberkommando im Kampf gegen die emishi lag im späten 8. Jahrhundert beim kaiserlichen „Feldherrn im Kampf gegen die Barbaren“ (sei-i-tai-shogun); der Titel wurde erst 1184 erneut vergeben und wurde schließlich zur Bezeichnung des offiziellen Führers der japanischen Kriegerschaft und damit des wahren Herrschers über Japan.
Im 8. Jahrhundert gab es jedoch noch keine Kriegerschaft, die dem Kaiser die Macht streitig gemacht hätte. Damals waren alle freien Männer zwischen dem 20. und dem 59. Lebensjahr zum Dienst in der kaiserlichen Armee verpflichtet: Wer ein Pferd besaß, wurde zur Reiterei abgestellt, alle anderen zum Fußvolk. Die Provinzregierungen überwachten die Einhaltung der Wehrpflicht und die Ausbildung der Truppen. Die Adligen, also die Angehörigen der seit Generationen in hohen Funktionen mit dem Kaiserhof verbundenen Höflinge, dienten als Offiziere und Leibwachen. Pferde züchtete man auf den Staatsweiden. Der Besitz schwerer Waffen war für Privatleute verboten, die Standardbewaffnung Bogen, Pfeile und Schwerter musste jeder Einberufene aber selbst mitbringen. Auf den Landgütern der Adligen und in religiösen Einrichtungen wurden diese Waffen für den Markt produziert.
Pfeil und Bogen waren in Japan seit der Jungsteinzeit in Gebrauch. Spätestens im 3. Jahrhundert n. Chr. entstand die charakteristische Form des japanischen Langbogens mit dem ungewöhnlich tiefen Griffansatz, der seinen Einsatz vom Pferderücken aus erleichterte. Im 5. Jahrhundert kam auch der Steigbügel in Gebrauch, dessen eigenartige Gestaltung dem japanischen Bogen entgegenkam. Freilich waren die Pferde noch lange klein, langsam und ungelenk. Dies mag der Grund sein, warum sich die chinesische Armbrust in Japan nicht richtig durchsetzte; nach dem 10. Jahrhundert kam sie völlig außer Gebrauch, vermutlich, weil sie nur bei intensivem Training und kaum vom Pferderücken aus zu gebrauchen war.
Auch die großen, schweren Schilde, die man in Japan kannte, waren für die Reiterei wenig nützlich. Stattdessen legte man Wert auf eine gute Rüstung. Schon früh gab es Lamellenpanzer, zunächst aus Eisen, seit dem 9. Jahrhundert aus Leder. Von der Mitte des 10. Jahrhunderts an setzte sich für die Kavallerie der Vollpanzer durch, der aus bis zu 2 000 Lamellen bestehen konnte und darum sehr teuer und bis zu 30 Kilogramm schwer war. Dagegen beschränkten sich die Fußsoldaten auf Brustpanzer. Bereits im 7. Jahrhundert war die Kavallerie jedoch Hauptträger des Kampfgeschehens. Bis zum 16. Jahrhundert kämpfte die Infanterie nur an der Seite der Reiterei; sie hätte sich allein kaum einer Reiterattacke erwehren können…
Samurai Sonderausstellung im Historischen Museum der Pfalz in Speyer 24. Februar – 5. Oktober 2008
Die Ausstellung befasst sich intensiv mit der Lebensweise der Samurai und zeigt Kultur und Selbstverständnis dieses Kriegerstands. Auf rund 1800 Quadratmetern Ausstellungsfläche erlebt der Besucher Bewaffnung und Kriegstaktik der Samurai, erhält aber auch zahlreiche Informationen über Alltagsleben und Künste, klassische Mythen und moderne Medienhelden. Darüber hinaus vermittelt das Historische Museum der Pfalz die Welt der Samurai mit Hilfe von Rekonstruktionen und durch den Einsatz neuer Medien. Ein umfangreiches Begleitprogramm mit Vorträgen, Führungen und Vorführungen, etwa zur japanischen Kampfkunst, rundet die Ausstellung ab, deren offizieller Kooperationspartner DAMALS ist.
Zu der Ausstellung erscheint im Stuttgarter Thorbecke Verlag ein reichillustriertes Begleitbuch mit Beiträgen namhafter internationaler Wissenschaftler.
http://www.samurai.speyer.de
Literatur zum Titelthema: Kiyoshi Inoue, Geschichte Japans. Köln 2002.
Reinhard Zöllner, Geschichte Japans. Von 1800 bis zur Gegenwart. Paderborn 2006.
Rossella Menegazzo, Japan. Das Land der aufgehenden Sonne. Bildlexikon der Völker und Kulturen. Berlin 2008
Lydia Icke-Schwalbe, Das Schwert des Samurai. Stuttgart 1979.
Eigo Fukai, Vom Samurai zum Banker. München 1988.
Ursula Koike-Good, Die Auflösung der Samurai-Klasse und die Samuraiaufstände. Ein Beitrag zur japanischen Geschichte von 1868 bis 1878. Bern 1994.
Kuno Mauer, Die Samurai. Ihre Geschichte und ihr Einfluss auf das moderne Japan. Düsseldorf/Wien 1981.
Wolfgang Schwentker, Die Samurai. München 2004.
Narrative of the Expedition of an American Squadron to the China Seas and Japan, Performed in the Years 1852, 1853, and 1854 under the Command of Commodore M. C. Perry. Zusammengestellt von Francis L. Hawks, Washington 1856 (Nachdruck 2000).
George Feifer, Breaking Open Japan. Commodore Perry, Lord Abe, and American Imperialism in 1853. New York 2006.
Prof. Dr. Reinhard Zöllner