Am 4. November 1989 versammelte sich auf dem Alexanderplatz in Berlin eine gewaltige Menschenmenge, um für Demokratie und Freiheit zu demonstrieren. In den vier Wochen davor hatte in der DDR die „Friedliche Revolution“ begonnen. Der Schriftsteller Christoph Hein sagte in seiner Rede: „Ich denke, unser Gedächtnis ist nicht so schlecht, dass wir nicht wissen, wer damit begann, die übermächtigen Strukturen aufzubrechen, wer den Schlaf der Vernunft beendete. Es war die Vernunft der Straße, [es waren] die Demonstrationen des Volkes. … Und da ist an erster Stelle Leipzig zu nennen. Ich meine, der Oberbürgermeister unserer Stadt sollte im Namen der Bürger Berlins … vorschlagen, die Stadt Leipzig zur Heldenstadt der DDR zu ernennen.“
Die Menschen auf dem Alexanderplatz jubelten fröhlich über die sprachliche Volte des Dichters, denn der Begriff „Heldenstadt“ war aus dem sowjetischen Sprachgebrauch übernommen und meinte Städte wie Leningrad oder Wolgograd, die im Verteidigungskrieg gegen die faschistischen Invasoren Schlachtfelder gewesen waren. Es war allen klar, dass in den vergangenen Wochen nicht Berlin, sondern Leipzig das Herz der Demokratiebewegung gewesen war. Dort hatten sich am 9. Oktober 1989 erstaunliche und dramatische Dinge ereignet…
Autor: Dr. Stefan Wolle