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Gabe Karls des Großen

Sonderveröffentlichung

Gabe Karls des Großen
Als Karl der Große sich das Kloster Hersfeld aneignete, beschenkte er es mit wertvollen Gütern und Einnahmequellen, darunter auch Anteile der Erträge aus einem Ort namens „Gotha“. In der Schenkungsurkunde taucht der Name zum ersten Mal aus dem Nebel der Geschichte auf.

Im Jahr 772 begannen die sogenannten Sachsenkriege, in denen der fränkische König Karl der Große (768 – 814) alles daransetzte, die von Widukind geführten Sachsen, die zwischen Nordsee und Harz lebten, zu unterwerfen und schließlich zu christianisieren. Die Kriege sollten erst Anfang des folgenden Jahrhunderts ein Ende finden, auch wenn sich Widukind bereits 785 unterwarf und taufen ließ.

773/74 beschäftigte sich Karl der Große allerdings in erster Linie mit Italien. Papst Hadrian I. (772 –795) hatte ihn im Konflikt mit seinem ehemaligen Schwiegervater, dem Langobardenkönig Desiderius (757–774), zu Hilfe gerufen, und Karl war mit seinem Heer über die Alpen gezogen. Als Sieger über Desiderius ließ er sich noch im selben Jahr mit der Eisernen Krone der Langobarden in Pavia zum König der Langobarden krönen. 774 kam es allerdings auch zu einem Angriff sächsischer Kriegerverbände in Nordhessen, bei dem der Ort Fritzlar zerstört wurde. Karl der Große reagierte auf den Vorstoß, indem er seine Präsenz in der Region verstärkte, nicht nur in Fritzlar, sondern – noch viel wichtiger – durch den Erwerb des reichen Klosters Hersfeld. Als sogenanntes Reichskloster erlangte Hersfeld wachsende kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung, stets großzügig gefördert durch seinen königlichen Patron. So kam es am 25. Oktober 775 zu einer bedeutenden Schenkung Karls des Großen an sein neues Reichskloster, die unter anderem auch „den Zehnt vom Ackerland und den Weiden und den Gewässern“ der villa Gothaha enthielt.

In den Anfängen ein Bauerndorf – aber viele Fragen bleiben offen

So findet der Ort Gotha in der Schenkungsurkunde Karls des Großen an das Kloster Hersfeld zum ersten Mal Erwähnung – ein Dokument, das leider nicht mehr erhalten ist. Allerdings ist der Text im Kopialbuch des Klosters aus dem 12. Jahrhundert überliefert. Gleichfalls überliefert ist eine weitere Schenkung des Königs an das Kloster, diesmal „6 Hufen, 6 Mansen“ Land im Ort Gotha. Hufen und Mansen waren Bezeichnungen für dieselbe Flächeneinheit; ihre separate Aufführung könnte bedeuten, dass auf eine unterschiedliche rechtliche Stellung der dort ansässigen Bauern hingewiesen werden sollte: Während Mansen von Unfreien bewirtschaftet wurden, konnten die Bauern auf dem in Hufen bemessenen Land ihre Höfe selbständig betreiben. Karl der Große verfügte also, dass zwölf Höfe samt dem dazugehörigen Land in den Besitz des Klosters Hersfeld übergingen.

Es ist dabei gar nicht so einfach zu sagen, worum es sich bei dem Ort Gotha zu dieser Zeit genau handelte. Vermutlich war Gotha ein königliches Landgut. Mehr weiß man nicht. Über die Ursprünge Gothas ist von jeher viel spekuliert und diskutiert worden. Erste Spuren einer Besiedlung des heutigen Stadtgebietes stammen aus der Jungsteinzeit. Jenes Gotha, das Karl der Große dem Kloster Hersfeld übereignete und das mit dem heutigen Gotha nicht identisch ist, entstand westlich der Stadt. Der Theologe Philipp Melanchthon (1497–1560) vermutete, dass sich Gotha auf den Volksstamm der Goten zurückführen lasse – eine Theorie, die im 16. und 17. Jahrhundert weite Verbreitung finden sollte. Im 18. Jahrhundert glaubte man allerdings nicht mehr an die gotischen Ursprünge Gothas, ebenso wenig an eine Gründung durch Abt Godehard von Hildesheim. Bald kam die Erklärung in Umlauf, Gotha sei mit „gutes Wasser“ zu übersetzen. Doch auch dies ist – Alexander Krünes, dem Stadthistoriker Gothas, zufolge – nicht korrekt. Die richtige Übersetzung müsse „langsam fließendes Wasser“ heißen, so Krünes. Gotha könne damals den Bachlauf bezeichnet haben, der heute Wiegwasser heißt.

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Das Gotha, das in der Schenkungsurkunde Karls des Großen Erwähnung findet, sollte nach den wechselnden Machtverhältnissen im Verlauf der Sachsenkriege über Jahrhunderte unerwähnt bleiben. Vielleicht ist die Siedlung aufgegeben worden. Die nächste Nennung taucht in einer Urkunde des Mainzer Erzbischofs Adalbert I. für das Marienstift in Erfurt aus dem Jahr 1120 auf, in der ein Zeuge namens Eltwin von Gothaha aufgeführt wird. Nicht viel später war es ein anonymer Mönch des Klosters Hersfeld, der die Schenkungsurkunde Karls des Großen vom 25. Oktober 775 und das Besitzverzeichnis des Klosters aus dem frühen 9. Jahrhundert in jenes Kopialbuch übertrug, das heute unsere einzige schriftliche Quelle für Gothas frühmittelalterliche Ursprünge ist.

 


Dr. David Neuhäuser

geb. 1986, arbeitet als Historiker und freier Journalist. Er ist einer der beiden Moderatoren des DAMALS-Podcasts.

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