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Sonderveröffentlichung

Ein Schlossbau der Superlative

Hatte Ernst wenig Interesse an Musik, Kunst und Kultur gezeigt und allein – ganz im Einklang mit seiner Bildungsoffensive – durch gezielte Ankäufe in den Aufbau einer guten Bibliothek investiert, so glichen seine Nachfolger die militärische, politische und wirtschaftliche Schwäche ihres Kleinstaats durch ein ausgeprägtes Mäzenatentum aus, förderten die Wissenschaften und schufen im Lauf der Jahrhunderte außerordentlich vielfältige Sammlungen an Kostbarkeiten, Kunstgegenständen und Kuriositäten. Dabei folgten die Herzöge ihren eigenen Neigungen – und nutzten einzigartige Gelegenheiten. So erwarb Friedrich II. (1691– 1732) die berühmte Münzsammlung des Fürsten Anton Günther II. Schwarzburg-Arnstadt. Mit 100 000 Talern war diese Investition alles andere als gering. Friedrichs Frau Margarete stand ihrerseits nicht dahinter zurück und erwarb einen der juwelenbesetzten Elefanten des renommierten sächsischen Goldschmieds Johann Melchior Dinglinger (1664 –1731), dessen berühmteste Werke heute im Grünen Gewölbe in Dresden ausgestellt sind.

Die vielfältigen Sammlungen sind der Öffentlichkeit zugänglich

In vielfacher Weise tat sich aber vor allem Ernst II. (1772 –1804) als Sammler und Förderer von Kunst und Wissenschaften hervor. 1775 verpflichtete er, auf Vorschlag seines Bruders August hin, den bekanntesten Schauspieler seiner Zeit, Conrad Ekhof (1720 –1778), mit seinem Ensemble für das Hoftheater. Ekhof verstarb nur drei Jahre später, aber im nach ihm benannten barocken Theater können Zuschauer auch heute noch die einzigartige, voll funktionsfähige Bühnenmaschine bestaunen, mit deren Hilfe in Sekunden das Bühnenbild gewechselt werden kann.

Neben Ekhof holte Ernst auch den Astronomen Franz Xaver von Zach (1754 –1832) nach Gotha. Von Zach diente als Direktor an der neuen Sternwarte und organisierte 1798 den ersten internationalen Astronomen-Kongress. Kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe (1749 –1832), der häufig in Gotha zu Gast war, war es, der Kontakte zum Naturforscher Georg Forster (1754 – 1794) und dem Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–1829) vermittelte. Bei Tischbein gab Ernst II. ein Bild des todgeweihten letzten Staufers Konradin in Auftrag. Den französischen Bildhauer Jean-Antoine Houdon (1741 –1828) hatte Ernst II. hingegen bei seiner Kavalierstour persönlich kennengelernt. Heute befinden sich allein im Pariser Louvre mehr Werke des Ausnahmekünstlers als in Gotha.

Auch Ernsts Nachfolger August (1804 –1822), der wohl exzentrischste aller Gothaer Herzöge, war auf dem Kunstmarkt aktiv. In London ließ er den Kaufmann und Publizisten Joseph Meyer (1796 –1856) viele Kostbarkeiten aus Fernost für sein neues chinesisches Kabinett erwerben. Meyer musste London nach einer missglückten Kaffeespekulation Hals über Kopf verlassen, verbuchte aber später als Verleger des „Conversations-Lexicons für die gebildeten Stände“ (später: „Neues Konversations-Lexikon für alle Stände“) einen großen Erfolg.

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Als die Gothaer Linie der Ernestiner 1825 ausstarb, wurde das neue Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha geschaffen. Dessen zweiter Regent, Ernst II. (1844 –1893), Bruder des englischen Prinzgemahls Albert, war es schließlich, der dafür sorgte, dass ein großer Teil der Sammlungen aus dem Schloss in ein separates Museumsgebäude überführt wurden.

Bereits unter den Herzögen der alten Gothaer Linie war interessierten Gästen gestattet worden, die damals noch kleinen, in Räumen im Ostturm auf- und ausgestellten Sammlungen von Kunstgegenständen, Naturalien, Uhren und wissenschaftlichen Instrumenten zum Zweck der Bildung zu besichtigen – nun wurden die seitdem stark gewachsenen Kollektionen in einem der ersten Museumszweckbauten Deutschlands einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


Foto: Atelier Schild-Vogel, Berlin

Felix Melching

geb. 1985, studierte Mittelalterliche Geschichte in Berlin.
Er ist freier Historiker und einer der beiden Moderatoren des DAMALS-Podcasts.

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