Nach Dänemark brachten deutsche Einwanderer und Kaufleute die lutherischen Ideen, von denen der Luther-Freund Johannes Bugenhagen auch König Christian III. überzeugen konnte. 1537 führte der König die Reformation in Dänemark und Norwegen ein. Schweden dagegen war bis 1593 heterodox geprägt und entwickelte sich erst im Dreißigjährigen Krieg zur protestantischen Vormacht. Stark relativiert werden muß die Bedeutung Luthers für die Ausbreitung der Reformation in Ostmitteleuropa, Frankreich, England, Schottland, Irland und den Niederlanden. Hier wurde wie in Teilen des Reichs (Kurpfalz, Hessen-Kassel, Brandenburg nach 1605, Sachsen-Anhalt, Nassau-Dillenburg, Lippe ohne Lemgo, Zweibrücken) in der sogenannten Zweiten Reformation die Lehre Calvins prägend. So verbreitete sich in Frankreich der Calvinismus seit 1561 in einigen Städten (La Rochelle, Rouen, Nîmes) und unter einzelnen mit der Krone rivalisierenden Adelsgeschlechtern. Es kam zu verheerenden Religionskriegen (Bartholomäusnacht 1572), die trotz des Edikts von Nantes 1598 und dessen Zugeständnissen an die Protestanten auch im 17. Jahrhundert fortdauerten. Ludwig XIV. ließ die Hugenotten (so die Eigenbezeichnung der französischen Reformierten) dann ganz vertreiben. In den Niederlanden fand neben Luthers Lehre die radikale Reformation, vor allem die der Täufer, viel Anklang, argwöhnisch verfolgt von der spanischen Inquisition. Seit 1560 verband sich dann der Calvinismus mit dem Freiheitskampf gegen die spanischen Habsburger. 1590 nahmen schließlich alle Nordprovinzen den reformierten Glauben an. In Italien, Spanien und Portugal vermochte der evangelische Glauben dagegen kaum Fuß zu fassen.
In Österreich bildeten sich vor allem in Oberösterreich, Kärnten, der Steiermark und dem Burgenland starke protestantische Gemeinden aus, in Niederösterreich vor allem calvinistische. In Ungarn hielten, vermittelt durch Wanderprediger und den Reformator Matthias Dévai, die Ideen Luthers Einzug. Träger waren neben den Städten die adligen Großgrundbesitzer, die im neuen Glauben eine willkommene Abgrenzung zu Habsburg fanden. Nach 1550 wurde in vielen Regionen der Calvinismus bestimmend. In Böhmen und Mähren setzte sich die Tradition des Hussitentums fort (so mit den Böhmischen Brüdern), im Norden Böhmens spielten auch lutherische Prediger eine wichtige Rolle. In Mähren entstand zudem der am urchristlichen Ideal der Gütergemeinschaft orientierte Zusammenschluß der Herrenhuter (1553–1591).
Auch in Polen war neben den Stadtbürgern der Adel Träger der Reformation, deren Gedanken deutsche Kaufleute nach Elbing, Danzig und Thorn gebracht hatten. 1570 bis 1580 gab es rund 1000 protestantische Gemeinden, die Hälfte davon calvinistisch. Einen ganz anderen Weg zur Reformation beschritt England unter Heinrich VIII. Nachdem er sich 1534 von Rom losgesagt hatte, gründete er die anglikanische Staatskirche, die die protestantische Lehre nur in Teilen aufnahm. Konfessionelle Konflikte bestimmten danach die Geschichte Englands über weite Teile des 16. und 17. Jahrhunderts, die Irlands bis heute. In Schottland verbreitete sich durch John Knox seit 1555 der Calvinismus. Seit dem frühen 17. Jahrhundert bot die Auswanderung nach Amerika verfolgten Anhängern unterschiedlichster Glaubensrichtungen einen Ausweg (so englischen Puritanern und Quäkern oder den Mennoniten).
Eine Wende in den konfessionellen Auseinandersetzungen bildeten die Reformbeschlüsse des Trienter Konzils (1545–1563), die auf Konsolidierung der katholischen Kirche und Rückgewinnung der protestantischen Bevölkerung zielten. Erfolgreich war dies im 17. Jahrhundert vor allem in Österreich, Ungarn und Polen. Die Reformation bewirkte so eine tiefe Veränderung der Lebensverhältnisse. Und trotz schwindender Bedeutung der Konfessionen sind die unterschiedlichen Lebensstile, die sie hervorbrachte, bis heute wirksam.
Dr. Heike Talkenberger