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Sonderveröffentlichung

Die starke Frau von Gotha

Auf dem Grimmenstein ließ sie 1332 eine Burgkapelle bauen, die der heiligen Elisabeth geweiht war. Die Verehrung ihrer Namenspatronin scheint in ihrer Frömmigkeit ohnehin eine zentrale Rolle gespielt zu haben, nicht verwunderlich bei einer Heiligen, die selber einem Thüringer Fürstenhaus angehört hatte. Gegen Ende ihres Lebens verfügte die Landgräfin, dass sie nicht an der Seite ihres Mannes bei den Zisterzienserinnen des Eisenacher Katharinenklosters beigesetzt werden wollte, sondern bei den Dominikanern, deren Kirche als eine der ersten in Deutschland der heiligen Elisabeth geweiht worden war.

Das geistliche Leben ihrer Residenzstadt suchte Elisabeth aufzuwerten, indem sie 1344 die damals seit einem Jahrhundert bestehende Pfarrkirche St. Marien zur Stiftskirche erhob, „domite Gotes dinst dorinn gemeret werde tagk und nacht“ nach den Worten des Chronisten Johannes Rothe. Zu diesem Zweck mussten schließlich die Säkularkanoniker des Augustiner-Stifts in Ohrdruf am Fuß des Thüringer Waldes ins nahegelegene Gotha umziehen. Wie ihre Zeitgenossen trieb Elisabeth die Sorge um ihr künftiges Geschick im Jenseits um. Von Papst Clemens VI. ließ sie sich 1347 ein Privileg ausstellen, das ihr vollständige Absolution für alle in der Todesstunde gebeichteten Sünden garantierte. Fromme Stiftungen sollten ergänzend Gewissheit schaffen. So kaufte Elisabeth den Zisterzienserinnen des Gothaer Heiligkreuz-Klosters drei Äcker ab mit der Maßgabe, dass die Nonnen das Land nach ihrem Tod zurückbekommen und dafür die Seele ihres Mannes – sowie künftig ihre eigene – Gott im Gebet empfehlen sollten. Das Haus, das sie sich in Gotha hatte bauen lassen, vermachte sie 1351 dem Marienstift.

Sie wacht über die Unteilbarkeit der wettinischen Länder

An Herausforderungen fehlte es der Regentin, wie auch später ihrem Sohn Friedrich II., nicht. Das Thüringen des 14. Jahrhunderts war eine alles andere als friedliche und gefahrlose Gegend. Raubritter machten die Straßen unsicher. Der kleinere Adel und ein selbstbewusstes Stadtbürgertum widersetzten sich gelegentlich auch mit Waffengewalt der Autorität des Landgrafen. Bereits zur Zeit Friedrichs des Freidigen war es 1309 zu militärischen Verwicklungen mit der Stadt Erfurt gekommen, in deren Folge weite Landstriche sieben Jahre lang brachgelegen haben sollen. Ein weiteres Mal erschien 1330 eine Streitmacht aus Erfurt vor Gotha. In der „Geschichte der Landgrafen“ lesen wir: „Die Erfurter hatten … dreihundert Lanzen herangeführt. Mit ihrem Hauptmann Heinrich von Blanckenhayn rückten sie aus ihrer Stadt aus und zerstörten Dörfer des Markgrafen … durch Raub und Brand.“

Gegen die allgegenwärtige Raubritter-Plage griff Friedrich II., der Ernsthafte, unnachsichtig durch, zumal nachdem dem Kaiser Beschwerden reisender Kaufleute über die Risiken auf Thüringer Straßen zu Ohren gekommen waren. Ein Autor des frühen 18. Jahrhunderts berichtet, er habe „einigen von Adel wie auch etlichen Bürgern von Naumburg die Köpffe vor die Füsse legen“ lassen und an drei adligen Brüdern, die „mit einer Rotte anderer Edelleute“ auf Raubzug nahe Gotha gefasst wurden, ein eindrückliches Exempel statuiert: „Diese wurden sofort an eisernen Ketten aufgehenckt“.

Friedrich II., der Ernsthafte, starb 1349 noch nicht 40-jährig auf der Wartburg, nachdem er seinen drei noch minderjährigen Söhnen Friedrich, Balthasar und Wilhelm das Versprechen abgenommen hatte, zumindest für die nächsten zehn Jahre die wettinischen Länder ungeteilt zu erhalten. Zur Hüterin des Vertrages bestellte er seine Mutter, die von Gotha aus mit Argusaugen über den Zusammenhalt ihrer Dynastie wachte. In zwei Folgeverträgen des Wartburg-Abkommens wurde die Frist der ungeteilten Herrschaftsausübung letztlich bis zum Ableben aller Beteiligten verlängert.

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Noch zu Lebzeiten ihres Sohnes hatte Elisabeth für den ältesten Enkel Friedrich (III., der Strenge) eine einträgliche Ehe mit einer Tochter des Grafen von Henneberg gestiftet, durch die Thüringen die Ortschaften Coburg und Sonneberg gewann. In ihrem letzten Lebensjahrzehnt war Elisabeth sicherlich die einflussreichste Angehörige des Hauses Wettin. Dies zeigt sich in Urkunden, in denen ihre Beteiligung an Rechtsakten und Entscheidungen ausdrücklich erwähnt wird, wie auch in dem Umstand, dass Gotha als Residenzort Städten wie Dresden zeitweilig den Rang ablief. Als sie starb, verlor die Dynastie ihre große alte Dame, eine Garantin der Stabilität.

Autor: Dr. Winfried Dolderer

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