Otto war noch nicht fünfzig, wirkte aber fast doppelt so alt. Immer ein bisschen hüstelnd, geplagt von täglich wechselnden Zipperlein, mal Hüft-, mal Rückenschmerzen, dazu ein Blasensteinleiden … Überaus reizbar, wie es bei Gichtkranken häufig vorkommt, hatte er bei seinem ersten Gespräch mit Baudolino fast knurrend gesagt: ,Du hast dir die Gunst des Kaisers mit allerlei Lügenmärchen erkauft, nicht wahr?‘ ,Nein, bestimmt nicht, Meister, ich schwöre es‘, hatte Baudolino protestiert. Und darauf Otto: ,Ein Lügner, der etwas verneint, bejaht es. Komm mit, ich werde dir alles beibringen, was ich weiß.‘ Woran man sieht, dass Herr Otto im Grunde ein herzensguter Mann war.“
Mit diesen Worten führt Umberto Eco den Bischof Otto von Freising (1138–1158) in seinen Mittelalter-Roman „Baudolino“ aus dem Jahr 2000 ein. Otto spielt in der Handlung des Buchs zwar keine zentrale Rolle, ist aber doch mehr als eine bloße Staffage-Figur: Ihm wird der fiktive Romanheld Baudolino zur Erziehung und Ausbildung anvertraut. Die Angaben über die diversen Gebrechen des Bischofs hat Eco übrigens frei erfunden; richtig daran ist allein, dass Otto bei seinem Tod tatsächlich weniger als 50 Jahre alt war…
Autor: Dr. Roman Deutinger
Den vollständigen Artikel lesen Sie in DAMALS 03/2019.