Einen solchen Besucher hatte das Residenzstädtchen Gotha in den damals neun Jahrhunderten seines Bestehens kaum jemals gesehen. Der Mann, der im Juni 1652 in Gotha eintraf, war dunkelhäutig, kam von weit her und konnte sich mit einem einzigen der rund 3700 Einwohner in seiner Muttersprache verständigen, dem erst 28-jährigen, aber hochgelehrten Philologen, Juristen und Historiker Hiob Ludolf.
Dieser hatte der Ankunft des äthiopischen Geistlichen förmlich entgegengefiebert, war sogar bis nach Nürnberg gereist, um ihn zu begrüßen. Die gut drei Monate, die Ludolf im Sommer 1652 mit Abba („Vater“, in Äthiopien als Anrede Geistlicher üblich) Gorgoryos auf dem Gothaer Schloss Friedenstein verbrachte, waren eine prägende Episode seines wissenschaftlichen Lebens. Hier begann, was gut fünf Jahrzehnte später auf Ludolfs Frankfurter Grabdenkmal die Formulierung fand, er habe „Literatur und Geschichte“ der „Abessinier“ so gründlich erforscht wie sonst niemand in Europa…
Autor: Dr. Winfried Dolderer
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