Als ihm die Mörder – römische Offiziere und ägyptische Helfershelfer – den Kopf seines großen Rivalen auf dem Silbertablett präsentierten, heuchelte Caesar Betroffenheit. Doch in Wirklichkeit löste dieser heimtückische Mord viele seiner Probleme. Solange er lebte, war Pompeius gefährlich; sein Tod enthob Caesar von der Notwendigkeit, ihm nachzujagen. Pompeius war der Unterlegene im Bürgerkrieg gegen Caesar, aber das alte Gesetz, dass der Sieger das Bild des Unterlegenen bestimmt, gilt in seinem Fall nicht. Cicero sah in ihm nicht nur die Verkörperung von Integrität, sondern auch von überragendem Organisationstalent; kaiserzeitliche Autoren wie Velleius Paterculus oder Lucan lobten ausgiebig seine militärischen und persönlichen Qualitäten. Er war ein Mann, dem die Niederlage gegen Caesar nichts an‧haben konnte, die Nachwelt erinnerte sich seiner wohlwollend.
Mit Caesar und Pompeius trafen im Januar 49 die beiden Giganten der römischen Politik kriegerisch aufeinander. Einst waren sie Verbündete, ja Freunde gewesen. Pompeius hatte sogar Caesars Tochter Julia geheiratet. Als sie 54 starb, kühlte das Verhältnis zwischen Ehemann und Schwiegervater merklich ab. Pompeius wandte sich zunehmend den Optimaten, der konservativen Partei unter den Senatoren, zu, während Caesar mit Unterstützung der Popularen immer rücksichtsloser seinen eigenen Zielen nachging. Schließlich überschritt er am 11. Januar 49 buchstäblich den Rubikon, das kleine Flüsschen im Norden Italiens, und das bedeutete: Bürgerkrieg im Impe‧rium Romanum.
Wer war dieser gefährlichste Gegenspieler Caesars? Gnaeus Pompeius wurde in Picenum an der Ostküste Italiens am 29. September 106 geboren. Seine Jugend war von der Krise der Republik geprägt gewesen. Mit 17 finden wir ihn in der militärischen Ausbildung bei seinem Vater, der gerade Konsul geworden war. Pompeius hatte ein herausragendes organisatorisches und militärisches Talent. So machte er in den chaotischen, von Bürgerkrieg geprägten 80er Jahren schnell Karriere. Politisch legte er sich nicht fest, hatte Verbindungen zu beiden Bürgerkriegsparteien, den Popularen und den Optimaten. Als der Optimat Sulla 83 siegreich aus dem Osten zurückkehrte, fand er in Pompeius einen willigen, durchsetzungsstarken Helfer gegen die Popularen. Bereits in dieser Zeit verdiente er sich durch eindrucksvolle militärische Aktionen gegen die popularen Gegner Sullas den Beinamen „der Große“ (magnus) und erlangte schließlich mit 26 Jahren, ohne dass er je ein Amt bekleidet hätte, einen Triumph, die größte Ehrung von Seiten der römischen Republik, die einem Feldherrn erwiesen werden konnte. Pompeius legte auf solche Auszeichnungen höchsten Wert, denn sie waren ihm die Belohnung für Leistungen, die für den Staat erbracht wurden, und daran bemaß sich die auctoritas, das Ansehen römischer Politiker.
Die große Zeit des Pompeius aber war in den 70er und 60er Jahren, als er seine auctoritas ins Unermessliche steigern konnte. Den Boden für seinen Erfolg bereiteten die negativen Folgen der sullanischen Reformen, die eigentlich die Herrschaft des Senats festigen sollten. Doch konnten sie diesen Anspruch nie erfüllen, weder nach innen noch nach außen, im Gegenteil. Sie hinterließen größere Probleme, als sie lösten. Sullas Ordnung hatte nämlich ein gewaltiges Reservoir an Verlierern hervorgebracht: die Popularen, die Angehörigen und Freunde derjenigen, die auf öffentlich ausgestellten Listen (proscriptiones) für vogelfrei befunden, entehrt, enteignet und hingerichtet worden waren. Aus diesen Verlierern erwuchsen unmittelbar nach Sullas Tod Gefahren für die neue Ordnung. Aber auch reichs- und außenpolitisch waren die altbekannten Probleme von Sulla nicht aus dem Weg geräumt worden.
Damit eröffnete sich für den jungen Feldherrn ein ideales Betätigungsfeld. Zuerst bewies er seine Fähigkeiten im Inneren. Lepidus, Konsul des Jahres 78, hatte mit einigen Gesetzesanträgen Hoffnungen bei den von Sulla benachteiligten Gruppen geweckt und war schließlich bereit, von Etrurien aus auf Rom zu marschieren. Der Senat sah keine andere Möglichkeit, als den inzwischen hoch geehrten Pompeius zu beauftragen, die Revolte niederzuschlagen. Als diese Aufgabe zügig erledigt war, wurde Pompeius gegen den noch gefährlicheren Sertorius nach Spanien geschickt. Der Popular Sertorius führte von Spanien aus einen Krieg gegen Rom, den Pompeius erst nach schweren Kämpfen beenden konnte. Und schließlich half Pompeius auch, einen sich über ganz Italien ausbreitenden Sklavenaufstand, den der Gladiator Spartacus seit 73 anführte, niederzuschlagen.
Wie man sehen kann, wurde Pompeius als Feldherr, nicht als Politiker gebraucht. Er legte sich zwar auf keine politische Richtung fest und verband sich sowohl mit Popularen als auch mit Optimaten, aber diese Indifferenz befähigte ihn nicht zu einer Vermittlungs- oder Schlichtungskompetenz. Sich im innerrömischen Diskurs zu positionieren, sich überhaupt darin zurechtzufinden und Partei zu ergreifen, war zu keinem Zeitpunkt seine Sache. Pompeius hatte einen Rat des Philosophen Poseidonius verinnerlicht: „Immer der Erste sein und allen anderen überlegen“. Im Wettstreit mit seinen adligen Konkurrenten darum, wer die größten Leistungen im Staat erbringen konnte, unterwarf er sich vollständig den Spielregeln, die zum System der römischen Republik gehörten. Denn der Adel, die Nobilität, war ein Leistungsadel, und Pompeius wollte dazugehören, ja sein wichtigster Exponent, ein „Erster“, nicht ein Diktator und Monarch werden…
Literatur: Ernst Baltrusch, Caesar und Pompeius. Darmstadt 2011. Karl Christ, Pompeius. Der Feldherr Roms. Eine Biographie. München 2004. Matthias Gelzer, Pompeius. Lebensbild eines Römers. Tübingen 2005.
Prof. Dr. Ernst Baltrusch