Am 2. April 1725 brachte die Schauspielerin Giovanna Casanova-Farussi einen Sohn zur Welt, der drei Tage später in der Kirche San Samuele auf den Namen Giacomo getauft wurde. Zu diesem Zeitpunkt hätte niemand voraussagen können, dass aus dem kleinen Jungen einmal eine der prominentesten Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts werden würde. Seine Kindheit war nicht leicht. Schon mit acht Jahren verloren Giacomo und seine fünf Geschwister ihren Vater, den mäßig erfolgreichen Schauspieler Gaetano Casanova. Die Mutter, berühmt für ihre Schönheit und als gefragte Schauspielerin viel auf Reisen, gab Giacomo daraufhin in die Obhut seiner Großmutter. Wenig später wurde seine Erziehung dem Abbate (Titel eines Weltgeistlichen) Antonio Maria Gozzi übertragen, der in Padua eine Pension unterhielt und schon bald das aufgeweckte Interesse sowie die rasche Auffassungsgabe des Jungen bemerkte. Mit gerade einmal zwölf Jahren, ungewöhnlich früh selbst für diese Zeit, schrieb sich Casanova zum Studium an der altehrwürdigen Universität Padua ein, die seit langem die prominenteste Bildungsstätte der Republik Venedig war.
Wie muss man sich das Venedig der Jugend Casanovas vorstellen? Zum Zeitpunkt seiner Geburt 1725 lag der letzte Krieg, an dem die Seerepublik Venedig aktiv teilgenommen hatte, erst wenige Jahre zurück. 1718 hatten die kriegführenden Mächte – das Osmanische Reich einerseits, andererseits der römisch-deutsche Kaiser Karl VI. (1711 –1740) und eben Venedig – in Passarowitz (heute Požarevac, südöstlich von Belgrad) einen Frieden geschlossen, dessen Bestimmungen für die einst so stolze „Serenissima“ einer Demütigung gleichkamen. Denn obwohl man im Bündnis mit den Habsburgern die Osmanen militärisch geschlagen hatte, musste Venedig die einige Jahrzehnte zuvor nach verlustreichen Kämpfen eroberte Peloponnes-Halbinsel in Griechenland aufgeben. Der Frieden von Passarowitz wurde als ein Fanal wahrgenommen, nicht zuletzt von den tonangebenden Politikern in Venedig selbst: Die großen Zeiten einer aktiven und mithin bei Bedarf militärisch flankierten Außenpolitik waren endgültig vorbei. Das einst im Stil einer Großmacht agierende Seereich, ohnehin schon seit längerem zusammengeschrumpft, hörte damit auf, eine aktive Rolle in der europäischen Politik zu spielen…
Autor: PD Dr. Arne Karsten
Den vollständigen Artikel lesen Sie in DAMALS 09/2018.