Dann nahm er ein Rasiermesser, schnitt ihr ein Kreuz in den Kopf, zog die Haut in der Mitte bis auf den Schädelknochen ab und rieb die Stelle mit Salz ein.“ Detailreich erzählt der syrische Emir Usama ibn Munqidh (1095 –1188) in seinem autobiographischen Bericht von der merkwürdigen Behandlung einer unter Auszehrung leidenden Kranken durch einen fränkischen Arzt. An dieser brutalen Therapie sei die Patientin augenblicklich gestorben, führt der arabische Geschichtsschreiber aus. Als er im 12. Jahrhundert sein Werk verfasste, war das lateinisch-christliche Europa noch dabei, das Heilwissen aus dem Orient zu entdecken. Dieses basierte vor allem auf Schriften des sogenannten hippokratisch-galenischen Corpus (auf die antiken Ärzte Hippokrates und Galen zurückgehend; siehe Artikel Seite 24), die im Westen zur Zeit der sogenannten Völkerwanderung zwischen dem 4. und dem 6. Jahrhundert verlorengegangen und in Vergessenheit geraten waren.
Im Osten des zerfallenden Imperium Romanum, in Byzanz, lebte die gelehrte, vorwiegend griechischsprachige Medizinkultur indes weiterhin fort. Nach der Verurteilung der nestorianischen Lehre auf dem Konzil von Ephesos 431 (Nestor, Patriarch von Konstantinopel, bestritt, dass in Christus zwei Subjekte, das menschliche und das göttliche, vereint seien) verließen viele nestorianische Christen das Oströmische Reich und siedelten ins benachbarte Persien über. Diese Einwanderer brachten unter anderem heilkundliche Werke mit, die rasch ihren Weg an die sogenannte Akademie von Gundischapur im Westen des heutigen Iran fanden…
Autor: Prof. Dr. Kay Peter Jankrift
Den vollständigen Artikel lesen Sie in DAMALS 12/2019