Im Spätsommer des Jahres 216 v. Chr. war das erfolgsverwöhnte Rom in seinen Grundfesten erschüttert: Die römischen Quellen berichten von Panikreaktionen und Sühneritualen, mit denen man nach der Schlacht von Cannae die allem Anschein nach erzürnten Götter zu besänftigen versuchte. So soll es zu Menschenopfern gekommen sein, und zwei Vestalinnen, die Hüterinnen des heiligen Feuers, wurden wegen der Verletzung des Gebotes der Keuschheit hingerichtet. Der Senator Quintus Fabius Pictor wurde 215 v. Chr. nach Delphi geschickt, um sich bei dem dortigen Orakel zu erkundigen, ob es nun einmal genug sei mit all den Schicksalsschlägen. Bei seiner Rückkehr präsentierte er eine Liste mit Empfehlungen, für welche Götter man Bußgottesdienste abhalten solle.
Ob die Senatoren in dieser kritischen Situation wirklich an die Heilkraft der Religion glaubten oder ob es sich bei all diesen Aktionen um Maßnahmen zur Beruhigung der Bevölkerung handelte, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Jedoch hatte die Griechenland-Mission des Quintus Fabius Pictor auch einen politischen Hintergrund. Er trat die Reise zu einem Zeitpunkt an, als Hannibal einen Vertrag mit König Philipp V. (221–179 v. Chr.) von Makedonien geschlossen hatte. Mit diesem ambitionierten hellenistischen Herrscher gewann Hannibal einen mächtigen, strategisch wichtigen Partner im Osten…
Autor: Prof. Dr. Holger Sonnabend
Den vollständigen Artikel lesen Sie in DAMALS 01/2020