Im Ersten Weltkrieg litten rund 500.000 Soldaten am Schützengrabenfieber, einer von Kleiderläusen übertragenen Infektion. Doch wie nun DNA-Studien belegen, grassierten diese Krankheit und ihr Erreger schon vor knapp 2000 Jahren. Im Laufe der Jahrhunderte infizierten sich immer wieder Soldaten und Zivilisten, teilweise lag der Durchseuchungsgrad bei 20 Prozent.
Den ersten Fall von Schützengrabenfieber meldete ein britischer Militärarzt im Sommer 1915 von der Westfront des Ersten Weltkrieg. Er behandelte einen Soldaten, der unter einem wiederkehrenden Fieber mit Schwindel, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen litt. Wenig später kamen weitere Fälle dazu, bis schließlich im Laufe des Krieges geschätzte 500.000 Soldaten an diesem “Schützengrabenfieber” erkrankten.
Fieber und chronische Erschöpfung
Für die Erkrankten war dieses Fieber zwar in der Regel nicht tödlich, aber es schwächte sie stark – und das unter den ohnehin harten Bedingungen des Stellungskrieges. “Der typische Zyklus dieses Fiebers wiederholte sich in fünftägigen Intervallen, weshalb es auch Fünf-Tages-Fieber genannt wurde”, berichten Gérard Aboudharam vom Universitätsklinikum Marseille und sein Team. “Dies resultierte in einer langanhaltenden Erkrankung, viele Soldaten waren mindestens zwei Monate lang dienstuntauglich und litten unter chronischer Erschöpfung.” Die Spanne der Verläufe reichte dabei von nahezu asymptomatischen Fällen bis hin zu schweren, lebensbedrohlichen Infektionen.
Heute weiß man, dass das Schützengrabenfieber von dem Bakterium Bartonella quintana verursacht wird. Dieses nutzt Kleiderläuse als Überträger und gelangt mit dem Kot dieser Parasiten über winzige Hautrisse oder aufgekratzte Stellen in den Körper. “In Kriegszeiten waren die Soldaten oft lange Zeit unter engen und unhygienischen Bedingungen zusammengedrängt”, erklären die Forscher. Das begünstigte die Übertragung durch die Läuse. “Außerdem gab es trotz des Wissens um die Rolle der Läuse für die Soldaten kaum effektive Methoden, um sich zu desinfizieren.” Es sei daher kein Wunder, dass das Schützengrabenfieber vor allem in den beiden Weltkriegen besonders stark grassierte.
Keine Krankheit der Neuzeit oder nur des Krieges
Bisher war allerdings unklar, wie stark verbreitet dieses Fieber und sein Erreger Bartonella quintana vor diesen Kriegen war. Studien legen zwar nahe, dass dieses Bakterium schon seit rund 4000 Jahren beim Menschen vorkommt. Zudem wurde es über DNA-Analysen bei im Jahr 1812 vor Wilna begrabenen Soldaten Napoleons und bei 1813/14 in Kassel gestorbenen Soldaten nachgewiesen. Dies waren jedoch nur Einzelfunde. Um mehr Klarheit zu erlangen, haben Aboudharam und sein Team deshalb nun noch einmal alle bekannten historischen Fälle von Schützengrabenfieber ausgewertet und zusätzlich eigene DNA-Analysen bei 145 Toten aus den letzten 2000 Jahren und aus fünf europäischen Ländern durchgeführt.
Das Ergebnis bestätigte, dass das Schützengrabenfieber schon in der Antike in Europa verbreitet war – sowohl bei Soldaten wie auch Zivilisten. So waren unter fünf im ersten Jahrhundert im französischen Besancon bestatteten Zivilpersonen drei positive Fälle, in den Katakomben von St. Lucia und San Basilio in Italien waren einer von 28 beziehungsweise einer von sechs Toten positiv für Bartonella quintana. Während der napoleonischen Kriege waren vier von neun Soldaten infiziert, bei den untersuchten aus dem Krimkrieg von 1853 bis 1856 erwiesen sich acht von 28 Toten als positiv.
“Die weite geographische und zeitliche Verbreitung dieser Fälle deutet darauf hin, dass diese Infektion in den historischen Populationen Europas häufig war”, so Aboudharam und sein Team. Dabei waren entgegen langläufiger Meinung Soldaten kaum häufiger betroffen als Zivilpersonen – die Durchseuchungsrate unterschied sich mit 20 beziehungsweise knapp 18 Prozent kaum. Vermutlich lag dies daran, dass damals die hygienischen Bedingungen auch bei der normalen Bevölkerung ungenügend waren und Kleiderläuse in vielen Familien und Haushalten alltäglich.
Quelle: University of South Florida; Fachartikel: PLOS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0239526