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Zwischen Himmel und Erde. Klöster und Pfleghöfe in Esslingen.

Die Städte zur Zeit der Salier

Zwischen Himmel und Erde. Klöster und Pfleghöfe in Esslingen.
Johannes Baumgart, Die "Hintere Kirche" (Franziskanerkirche) in Esslingen, Öl auf Karton, vor 1840. (Stadtmuseum Esslingen)

Auf einem Streifzug durch die verwinkelten Straßen und Gässchen Esslingens wird der interessierte Besucher durch eine Vielzahl historischer, vor allem mittelalterlicher, Baudenkmäler an die große Vergangenheit dieser am Neckar (nahe Stuttgart) gelegenen ehemaligen Reichsstadt erinnert, die als Zentrum von Handel und Gewerbe überregionale Bedeutung hatte. Dass sie bis zur Einführung der Reformation im Jahr 1531 auch ein bedeutender Ort klösterlichen Lebens war, lässt sich dagegen im heutigen Stadtbild nicht mehr auf den ersten Blick erkennen. Nur die relativ hohe Dichte an Sakralbauten, die teilweise mit ihrem Namen noch auf die Gemeinschaften verweisen, die sie erbauten, gibt indirekt Zeugnis davon, dass einst sechs Bettelorden im Stadtgebiet wirkten – so etwa die Dominikaner- oder die Franziskanerkirche. Ähnliches gilt für die elf ehemaligen Pfleghöfe, die bis heute im Stadtgebiet lokalisierbar sind. Pfleghöfe wie etwa der Salemer Pfleghof erlaubten Klöstern mit Grundbesitz im Esslinger Raum, diesen zu bewirtschaften, ohne ein eigenes Filialkloster am Ort gründen zu müssen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum Esslingen, das spätere Paradebeispiel einer reformierten freien Reichsstadt ähnlich Schwäbisch Hall oder Nürnberg, zwischen dem 13. und dem Beginn des 16. Jahrhunderts durchaus als „Klosterstadt“ bezeichnet werden kann.

Das Ausstellungsprojekt „Zwischen Himmel und Erde“ der Städtischen Museen und des Stadtarchivs Esslingen hat sich in Zusammenarbeit mit der evangelischen und katholischen Gesamtkirchengemeinde der Stadt zum Ziel gesetzt, diese wichtige Epoche der städtischen Entwicklung wieder ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Dafür wurde ein auf zwei Säulen beruhendes Konzept erarbeitet. Zum einen wurde in der Franziskanerkirche ein zentraler Ausstellungsraum geschaffen, in dem anhand ausgewählter Exponate die Geschichte der Esslinger Klöster bis zu deren Auflösung in der Folge der Reformation sowie der Alltag klösterlichen Lebens im Mittelalter beleuchtet wird. Den Auftakt des Ausstellungsbesuchs bildet ein Videoraum, in dem der Besucher sich über die Orden informieren kann, die einst in der Stadt ansässig waren (so Dominikaner, Franziskaner oder Augustinereremiten). Im Anschluss daran wird man recht zügig in den Chor der Franziskanerkirche geleitet. In diesem Hauptraum der Ausstellung liegt der Schwerpunkt auf der Darstellung mittelalterlicher Glaubenspraxis. Hier ist das Glanzstück der Ausstellung zu sehen, die Weiler Pietà, ein Andachtsbild aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Weil, heute ein Esslinger Stadtteil, war zur Zeit des dortigen Dominikanerinnenklosters ein „Weiler“ genannter Vorort, der etwa drei Kilometer außerhalb der Kernstadt lag. Zusammen mit weiteren Exponaten wie dem sogenannten „Weiler Schwesternbuch,“ einer Sammlung von Kurzviten damaliger Schwestern aus dem 14. Jahrhundert, soll dem Betrachter die Bedeutung der Mystik für die Glaubenserfahrung verdeutlicht werden; vor allem spielte sie in den Frauenorden jener Zeit eine zentrale Rolle.

Interessant ist, wie Ausstellungsraum und Ausstellungsobjekt verschmelzen: Ausstattungselemente wie die Glasfenster oder das Sakristeihäuschen der Franziskanerkirche werden ihrerseits Teil der Ausstellung. In einem Nebenraum wird anhand von Grabungsfunden aus dem Bereich des ehemaligen Esslinger Karmeliterklosters auch ein Eindruck vom Lebensalltag in einem mittelalterlichen Kloster vermittelt. Die recht kleine und übersichtliche Ausstellung endet in der nachreformatorischen Zeit, in der die kirchlichen Einrichtungen teils umgenutzt, teils aufgegeben und abgetragen wurden. Auch die Franziskanerkirche wurde bis zum Einzug evangelischer Einrichtungen Anfang des 20. Jahrhunderts lange Zeit profan genutzt.

Die zweite Säule des Projekts bildet ein Rundgang durch die Stadt, auf dem man sich „auf eigene Faust“ anhand von Informationstafeln, die an den einzelnen Stationen aufgestellt sind, über die Geschichte der ehemaligen Klosterbauten und Pfleghöfe informieren kann. Daneben werden Führungen entlang dieser Route angeboten, in deren Rahmen man Zutritt zu Gebäuden bekommt, die aufgrund ihrer heutigen Nutzung der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich sind. Vervollständigt wird das Konzept durch ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Vorträgen, Konzerten und Exkursionen sowie durch museumspädagogische Angebote.

Zur Ausstellung ist im Michael Imhof Verlag ein umfangreicher Aufsatzband zum Preis von 20,– € erschienen, in dem neben informativen Überblicksdarstellungen über die Geschichte klösterlichen Lebens im deutschen Südwesten auch die einzelnen Aspekte und wichtigsten Exponate der Ausstellung in knappen, gut lesbaren Einzelbeiträgen vorgestellt werden.

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Quelle: Carsten Felker
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