Etwa 30 Menschen kostete der Untergang des schwedischen Schlachtschiffs „Vasa“ im Jahr 1628 das Leben – mindestens ein Opfer war dabei eine Frau, zeigt nun eine Analyse von Knochen aus dem Wrack. Wer sie war, lässt sich bisher nicht genauer sagen. Weitere Genanalysen von Proben aus den Überresten der Opfer sollen aber bald mehr über die Menschen aufdecken, die bei der berühmten Katastrophe ertranken, berichtet die Universität Uppsala.
Sie sollte das Prunkstück der schwedischen Flotte werden: Im Jahre 1625 gab König Gustav II. Adolf den Auftrag zum Bau eines mächtigen Schlachtschiffes. Mit 69 Metern Länge und mehr als 60 Kanonen sollte die Galeone Vasa zu einem der größten Schlachtschiffe der damaligen Zeit werden und Schwedens Stellung als Seemacht festigen. Im Jahr 1628 wurde das üppig dekorierte Prestigeobjekt dann schließlich fertiggestellt. Doch der Traum vom Ruhm endete in einer peinlichen Pleite: Die Vasa stellte sich als eine katastrophale Fehlkonstruktion heraus, denn sie war zu schmal gebaut und toplastig.
Das zeichnete sich nicht etwa erst im Laufe ihres Dienstes ab, sondern führte bereits bei der Jungfernfahrt in die Katastrophe: Nach einer kurzen Fahrtstrecke warf ein eigentlich bescheidener Windstoß das Schlachtschiff nahe Stockholm auf die Seite, worauf es rasch in die Tiefe versank. Dabei riss das teure Prestigeobjekt etwa dreißig Teilnehmer der Jungfernfahrt mit sich. Abgesehen von einer Person, die in schriftlichen Quellen genannt wird, ist allerdings nicht bekannt, wer die Opfer waren, schreibt die Universität Uppsala.
Opfer der ersten und letzten Fahrt
Doch das sollte nicht das Ende der Geschichte der Vasa und der Opfer bleiben: Das Wrack wurde 1961 aufwendig geborgen und präpariert. Es wird heute im Vasa-Museum in Stockholm ausgestellt. Als das Schiff gehoben wurde, führten die Experten auch eine umfassende archäologische Untersuchung durch. Dabei stießen sie an Bord auf zahlreiche menschliche Knochen, die offenbar von Opfern des Untergangs stammten.
“Durch die osteologische Analysen konnte einiges über diese Menschen herausgefunden werden, beispielsweise ihr Alter, ihre Größe und ihre medizinische Vorgeschichte“, sagt Fred Hocker, vom Vasa-Museum. Im aktuellen Fokus stand nun ein Fund, der als Skelettrest „G“ bezeichnet wird und ursprünglich als männlich klassifiziert worden war. „Doch Osteologen vermuteten dann, dass G aufgrund der Merkmale des Beckens weiblich gewesen sein könnte. Deshalb sollten DNA-Analyse mehr enthüllen“, sagt Hocker.
Damit wurde die Abteilung für Immunologie, Genetik und Pathologie der Universität Uppsala in Schweden beauftragt. “Für uns ist es sowohl interessant als auch herausfordernd, die Skelette von der Vasa zu untersuchen. Denn es ist sehr schwierig, DNA aus Knochen zu gewinnen, die 333 Jahre lang auf dem Meeresgrund gelegen haben – aber es ist nicht unmöglich”, sagt Marie Allen von der Universität Uppsala. Zunächst gab es einen ersten Hinweis darauf, dass Skelett G kein Mann war: Die Forscher konnten kein Y-Chromosom in dem Probematerial finden. „Aber wir konnten uns nicht sicher sein und wollten das Ergebnis bestätigen”, so Allen. Deshalb wandte sich das Team an ein Labor des amerikanischen Verteidigungsministeriums (AFMES-AFDIL), das auf DNA-Tests an menschlichen Überresten von verstorbenen Militärangehörigen spezialisiert ist.
Eine mysteriöse Frau
“Wir haben neue Proben von den Knochen genommen, die dann vom AFMES-AFDIL analysiert wurden”, sagt Allen. Dank eines neuen Testverfahrens konnte das Labor den Fall dann endlich lösen: „G war tatsächlich eine Frau”, so Allen. Für das Vasa-Museum ist das Ergebnis damit nun ein weiteres Puzzlestück bei der Erforschung der Opfer der Havarie. „Wir wollen diesen Menschen so nahe wie möglich kommen”, sagt Anna Maria Forssberg vom Vasa-Museum. Ihr zufolge gab es bereits Hinweise darauf, dass auch Frauen an Bord gewesen waren. „Jetzt haben wir die Bestätigung erhalten, dass sich auch die Überreste einer Frau unter den Funden befinden“, so die Historikerin. Wer sie war, bleibt bisher allerdings unklar. War sie eine Ehefrau eines Seemanns? „Ich forsche derzeit über die Ehefrauen von Seeleuten, daher ist dies für mich besonders aufregend, da sie oft vergessen werden, obwohl sie eine wichtige Rolle für die Marine spielten“, sagt Forssberg.
Indes erwartet das Team nun weitere Ergebnisse auch von Proben anderer Überreste, die im AFMES-AFDIL-Labor untersucht werden. Das Team hofft, dass sie etwas darüber sagen können, wie die Personen aussahen – welche Haar- und Augenfarbe sie etwa hatten und woher ihre Familien möglicherweise kamen. “Wir können heute viel mehr Informationen aus historischer DNA gewinnen als früher, und die Methoden werden ständig verfeinert”, sagt Allen. Die Forscher des Vasa-Museums versuchen den Skeletten momentan zudem Fundgegenstände zuzuordnen. Alle Ergebnisse sollen dann in einer Ausstellung über die Menschen, die an Bord der Vasa starben, im Museum präsentiert werden, schreibt die Universität Uppsala.
Quelle: Universität Uppsala